Das am 16. November 1995 zwischen Deutschland und Vietnam abgeschlossene Doppelbesteuerungsabkommen(DBA)1 gilt ohne Rücksicht auf die Art der Erhebung für Steuern vom Einkommen und vom Vermögen2. Insbesondere erfolgt keine Doppelbesteuerung im Hinblick auf die deutsche Körperschaftsteuer, Einkommensteuer und Gewerbesteuer, sowie auf die vietnamesische Körperschaftsteuer, Einkommensteuer. Das Doppelbesteuerungsabkommen gilt bislang nicht für die Mehrwert-, bzw. Umsatzsteuer.
Das Abkommen gilt für Personen, die in einem oder beiden der Vertragsstaaten ansässig sind. Die Anwendbarkeit des Abkommens hängt also nicht von der Staatsangehörigkeit ab. „Personen“ bedeutet in diesem Zusammenhang natürliche und juristische Personen.
Nach dem Doppelbesteuerungsabkommen werden Unternehmen grundsätzlich im Land des Firmensitzes mit ihrem ganzen Welteinkommen besteuert. Wenn ein deutsches Unternehmen aber in Vietnam eine Betriebsstätte, das heißt eine feste Geschäftseinrichtung unterhält, durch die seine Tätigkeit ganz oder teilweise ausgeübt wird (mit Ausnahmen) oder bestimmte, vom Doppelbesteuerungsabkommen definierte Einkünfte aus Vietnam erzielt, wird dieses Unternehmen in Vietnam besteuert. Dies jedoch nur in dem Umfang, in welchem das Unternehmen mittels seiner Betriebsstätte Gewinne erzielt hat.
Artikel 14 Absatz 1 bestimmt, dass „Einkünfte, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person aus einem freien Beruf oder aus sonstiger selbständiger Tätigkeit bezieht, können nur in diesem Land besteuert werden, es sei denn, dass der Person im anderen Vertragsstaat für die Ausübung ihrer Tätigkeit gewöhnlich eine feste Einrichtung zur Verfügung steht.“ Soweit Einkünfte einer solchen festen Einrichtung zugerechnet werden können, können sie vom anderen Staat besteuert werden.
Einkünfte aus unselbständiger Arbeit, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person bezieht, können grundsätzlich nur in diesem Staat besteuert werden, es sei denn, die Arbeit wird im anderen Vertragsstaat ausgeübt (Artikel 15 Absatz 1). Abweichend davon können „Vergütungen, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person für eine im anderen Vertragsstaat ausgeübte unselbständige Tätigkeit bezieht nur im erstgenannten Staat besteuert werden, wenn der Empfänger sich im anderen Staat insgesamt nicht länger als 183 Tage während des betreffenden Kalenderjahres aufhält und die Vergütungen nicht von einem Staat bezahlt werden, der nicht im anderen Staat ansässig
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1 Doppelbesteuerungsabkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Sozialistischen
Republik Vietnam, unterzeichnet am 16.11.1995 und inkraft getreten am 12.11.1996, BGBl Teil 2 1996,
S.49.
2 Vgl. Art. 2 Abs. 1 DBA.
ist, und die Vergütungen nicht von einer Betriebsstätte oder einer festen Einrichtung getragen werden, die der Arbeitgeber im anderen Staat hat.” (Artikel 15 Absatz 1)
Sonderregeln gelten unter anderem für die Besatzung der internationalen Seeschiff- und Luftfahrt, Aufsichtsrats- und Verwaltungsratsvergütungen, Künstler und Sportler, Ruhegehälter, Vergütungen aus dem Öffentlichen Dienst sowie Lehrer, Studenten und andere Auszubildende.
1.3 Besteuerung in Abhängigkeit der Investitions¬form
Ausländischen Unternehmen stehen in Vietnam zwei unterschiedliche Möglichkeiten der wirtschaftlichen Betätigung zur Verfügung: die gesellschaftliche Direktinvestitionen oder Projekte auf vertraglicher Basis.
Der wesentliche Unterschied besteht darin, dass direkt investierte Projekte immer durch eine Betriebsstätte in Vietnam operieren, während Projekte auf rein vertraglicher Basis auch ausschließlich vom Ausland aus durchgeführt werden können, also ohne das Erfordernis einer dauernden Niederlassung in Vietnam. Neben rechtlichen Auswirkungen wird diese Unterscheidung hinsichtlich der Investitionsform auch im vietnamesischen Steuerrecht berücksichtigt.
Die wesentlichen steuerrechtlichen Gesetze für ausländische Investoren sind das LI (Law on Investment)3 für Direktinvestitionen sowie Circular 1344 für Vertragsprojekte.
1.3.1 Besteuerung nach dem Investitionsgesetz
Das wichtigste Gesetz zur Besteuerung von Unternehmen mit Auslandskapital in Vietnam ist das LI. Das LI und seine Ausführungsbestimmungen (v.a. Decree 108)5 regeln allerdings primär die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Durchführung von Direktinvestitionen; daneben beinhalten diese Gesetze eine Reihe von steuerrechtlichen Sonderregelungen mit Verweisen auf die jeweiligen Steuerfachgesetze. Das LI ist daher in steuerrechtlicher Hinsicht gewissermaßen ein Rahmengesetz (Hierzu Weiteres bei den Erläuterungen der einzelnen Steuergesetze).
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3 Law No. 59-2005-QH11 on Investment, erlassen am 29.11.2005. 4 Circular No. 134-2008-TT-BTC on Foreign Contractor Tax, erlassen am 31.12.2008. 5 Decree No. 108-2206-ND-CP, erlassen am 22.09.2006.
1.3.2 Die Besteuerung von reinen Lieferfirmen unter Circular 134 (Foreign Contractor Tax)
Ausländische Investoren, die nicht unter den Rahmenbedingungen des Investitionsgesetzes in Vietnam tätig sind, sondern Projekte auf rein vertraglicher Basis durchführen, als „foreign contractors“ bezeichnet, unter Umständen auch ohne dauernde Niederlassung in Vietnam, werden nach den Vorschriften des Circular 134 besteuert. Vergleichbar mit dem LI ist auch das Circular 134 ein Rahmengesetz, welches die bestehenden Steuergesetze modifiziert.
Circular 134 erfasst alle vertraglichen Beziehungen zwischen einem ausländischen Unternehmen und einem vietnamesischen Unternehmen oder Verbraucher mit (Wohn-) Sitz in Vietnam. Dies schließt juristische Personen ein, die nach vietnamesischem Recht ordnungsgemäß errichtet worden sind, sodass auch Unternehmen mit ausländischem Kapitalanteil, Zweigstellen ausländischer Unternehmen, Büros ausländischer Organisationen und andere Arten von Organisationen und Individuen als vietnamesisches Unternehmen gelten.
Die Dienstleistung selbst kann in Vietnam, aber auch im Ausland erbracht werden. Maßgeblich ist, dass wirtschaftlicher Umsatz in Vietnam erzielt wird, unabhängig vom physischen Sitz des Handelnden.
“Ausländische Vertragspartner” eines Projektes können die Durchführung des Projektes vom Ausland aus leiten. In bestimmten Bereichen, wie bei Bauprojekten oder Projekten zur Rohstoffförderung, können zudem für die Dauer des Projektes Büros zur Durchführung des Vorhabens in Vietnam eingerichtet werden.
Ausländische Unternehmen sowie Tochterunternehmen von vietnamesischen Unternehmen können im Namen der ausländischen Unternehmen Waren bzw. Dienstleistungen im Ausland einkaufen. Soweit die durch die ausländische Tochtergesellschaft im Ausland eingekauften Waren und Dienstleistungen in Vietnam verwandt werden, kann das ausländische Unternehmen die diesbezüglichen Kosten an die vietnamesischen Unternehmer oder die Verbraucher weitergeben. Das ausländische Unternehmen wird in diesem Zusammenhang aber als “ausländische Vertragspartei” angesehen und unterliegt der Quellensteuer.
Circular 134 unterscheidet zwischen ausländischen Unternehmen, die das vietnamesische Buchführungssystem („Vietnamese Accounting System, VAS“) verwenden und solchen Unternehmen, die das VAS nicht benutzen. Dementsprechend regelt es unterschiedliche Besteuerungsmethoden. Da das VAS nicht internationalen Standards entspricht, werden wir nur auf die Besteuerung von Unternehmen eingehen, die das VAS nicht verwenden. Dies entspricht auch der weit überwiegenden Praxis ausländischer Unternehmen.
Der Regelungsgehalt von Circular 134 umfasst Regeln zu der Mehrwertsteuer und der Körperschaftssteuer. Andere vietnamesische Steuern bleiben unberührt und sind gemäß den allgemeinen Vorschriften zu entrichten.
Circular 134 und die Mehrwertsteuer
Ausländische Unternehmen und Subunternehmen, die Geschäfte tätigen sind unter dem Regime des Circular 134 mehrwertsteuerpflichtig. Die Mehrwertsteuer ist anhand folgender Formel zu berechnen: Mehrwertsteuer = Mehrwert x Steuersatz
• Dabei richtet sich der jeweilige Steuersatz nach dem allgemeinen Mehrwertsteuergesetz, liegt also zwischen 0%, 5%, 10% und 20%. Das Besondere an der Besteuerung unter Circular 134 ist die Bestimmung des geschaffenen Mehrwertes. Dieser wird nicht real ermittelt, sondern pauschal und in Abhängigkeit des Tätigkeitsfeldes festgelegt.
No. Business line Value added rate as % of taxable No. Business line Value added rate as % of taxable turnover
1. Services, machinery and equipment leasing 50 business and insurance
2. (a) Construction and assembly and installation 30 where the tender included supply of materials, machinery and equipment in the construction work 50
(b) Construction and assembly and installation where the tender did not include supply of materials, machinery and equipment in the construction work
3. Transportation and other business and 30 production
Ausländische Investoren und Subunternehmen, die unter das Regime dem Circular 134 mehrwertsteuerpflichtig sind, können weitere, durch Dienstleistungs-und Warenkaufverträge mit vietnamesischen Vertragspartnern entstehende Mehrwertsteuer nicht als Abzugsposten geltend machen.
Circular 134 und die Körperschaftssteuer
Ausländische Unternehmen und Subunternehmen sind gemäß Circular 134 körperschaftssteuerpflichtig. Die Körperschaftssteuersätze liegen in Abhängigkeit vom jeweiligen Geschäftsfeld zwischen 1% und 10% des erzielten Umsatzes.
No. Business line CIT rates as % of taxable turnover
1. Trading: distribution and supply f goods, raw 1 materials, supplies, machinery and equipment associated with services in Vietnam
2. Services, lease of machinery and equipment, 5 insurance
3. Construction 2
4. Other production or business activities and 2 transportation (including sea and air transportation)
5. Lease of aircraft, aircraft engines, aircraft spare 2 parts and sea going vessels
6. Reinsurance 2
7. Assignments [transfer] of securities 0.1
8. Loan interests 10
9. Income from royalties 10
Dabei beinhaltet der erzielte Umsatz sämtliche Steuern und sonstigen Abgaben, die der vietnamesische Vertragspartner im Namen des ausländischen Unternehmers bezahlt hat. Der steuerbare Umsatz ist anhand der folgenden Formel zu ermitteln:
Einkommen ohne Körperschaftssteuer steuerbarer Umsatz = —————————————————————————- 1 – (Körperschaftssteuerrate als Prozentsatz des Umsatzes)
Beispiel: Der Netto-Wert eines Dienstleistungsvertrages beträgt US$ 250.000, die veranschlagte Körperschaftssteuer berechnet sich demnach wie folgt:
= 250.000 = US$ 263,158 1- 0.05
Abführung der Unternehmersteuer
Das vietnamesische Unternehmen ist dafür verantwortlich, dass die abzuführende Steuer einbehalten wird bevor es seinen Zahlungsverpflichtungen gegenüber dem ausländischen Unternehmen nachkommt.
Darüber hinaus muss das vietnamesische Unternehmen innerhalb von 10 Tagen nach Abschluss des Vertrages mit dem ausländischen Unternehmen diesen Vertrag bei der betreffenden Steuerbehörde registrieren lassen. Sowohl die abzuführende Mehrwertsteuer, als auch die Körperschaftsteuer müssen innerhalb von fuenfzehn Tagen nach Zahlung des Vertragspreises an das ausländische Unternehmen, an das Finanzamt abgeführt werden.
1.3.3 Steuerprüfung
Unter den folgenden Voraussetzungen soll eine Steuerprüfung erfolgen:
• ein neu errichtetes Unternehmen in mehr als drei aufeinander folgenden Jahren Verluste verbucht;
• ein Unternehmen unrichtige oder unklare Steuererklärungen einreicht oder diese nicht alle Angaben enthalten, die zur Berechnung der Steuer erforderlich sind;
• ein Unternehmen es versäumt, die Steuererklärung (termingerecht) einzureichen; oder die finanzielle Situation des Unternehmens im Vergleich zum Vorjahr große Unterschiede aufweist.
Bitte kontaktieren Sie den Autor Oliver Massmann direkt unter omassmann@duanemorris.com wenn Sie Fragen haben. Oliver Massmann ist der Generaldirektor von Duane Morris Vietnam LLC.
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