Das Freihandelsabkommen der EU und Vietnam (EVFTA) und das umfassende und fortschrittliche Abkommen für transpazifische Partnerschaft (CPTPP) bieten enorme Vorteile für ausländische Investoren, die in oder mit Vietnam handeln. Diese reichen von den Marktzugangsvoraussetzungen bis zur Möglichkeit der Vollstreckung ausländischer Urteile in Vietnam .
Die Vorschriften für Investitionen und Handel sind im Kapitel 9 und 10 des CPTPP und Kapitel 8 des EVTFA normiert. Beide Abkommen stellen die Prinzipien der Inländerbehandlung (ausländische Investoren sollen wie Einheimische behandelt werden), des Marktzugangs (Beseitigung spezifischer Beschränkungen für ausländische Unternehmen), der Lokalen Präsenz (ausländische Unternehmen müssen keine lokale Präsenz aufbauen, um grenzüberschreitende Dienstleistungen erbringen zu können), usw. in den Fokus.
Wir fassen die wichtigsten Aspekte für ausländische Investoren zusammen, die in Vietnam handeln möchten:
Verkehrsreduzierung:
Beide Abkommen sehen vor, dass die meisten Zolltarifstellen nach Inkrafttreten und nach einem vereinbarten Zeitplan abgeschafft werden sollen. Zum Beispiel werden Einfuhrzölle im Rahmen des CPTPP für sehr empfindliche Waren wie Bier, Wein, Hähnchen, Metall, Stahl und Autos mit einer Größe unter 3.000 Cc ab 2029 beseitigt. Vietnam hat bereits zu bevorzugende Ausfuhrzolltarife und besondere zu bevorzugende Einfuhrzolltarife für Produkte im Rahmen der EVFTA (Erlass Nr. 111/2020/ND-CP) und im Rahmen des CPTPP (Erlass Nr. 21/2022/ND-CP und Erlass 57/2019/ND-CP) veröffentlicht. Bitte beachten Sie, dass die genannten Dekrete nach 2022 nicht mehr gelten. Wir erwarten, dass die Tarifpläne für den Zeitraum 2023 – 2025 bis Ende dieses Jahres vorliegen werden.
EVFTA:
Bankdienstleistungen:
Vietnam verpflichtet sich europäischen Kreditinstituten zu erlauben, sich bis zu 49 % des Grundkapitals an zwei vietnamesischen Geschäftsbanken auf Aktienbasis anzueignen. Allerdings ist diese Übereinkunft auf 5 Jahre beschränkt (nach diesen 5 Jahren ist Vietnam nicht länger an die Übereinkunft gebunden) und sie ist nicht auf die vier Geschäftsbanken auf Aktienbasis anwendbar, bei denen die Regierung die Hauptanteile innehat, namentlich BIVD, Vietinbank, Vietcombank und Agribank. Darüber hinaus werden bei der Umsetzung dieser Verpflichtung alle Vorschriften über Fusions- und Übernahmeverfahren sowie sichere und wettbewerbsfähige Bedingungen eingehalten, einschließlich der Begrenzung des Anteilsbesitzverhältnisses für jeden Investor, der als Einzelperson oder Organisation auf der Grundlage der Inländerbehandlung gemäß den Bestimmungen des vietnamesischen Rechts auftritt.
Versicherungsdienstleistungen:
Vietnam verpflichtet sich, die grenzüberschreitende Abtretung von Rückversicherungsleistungen und freiwilligen Krankenversicherungsleistungen nach innerstaatlichem Recht zuzulassen. Bezüglich der Verpflichtung, die Gründung einer Zweigniederlassung einer Rückversicherungsgesellschaft zuzulassen, so erlaubt Vietnam dies erst nach einer Übergangszeit.
Telekommunikationsdienstleistungen:
Vietnam ist verpflichtet sich in gleicher Weise wie beim CPTPP Abkommen. Insbesondere für Telekommunikationsdienstleistungen ohne Netzwerkstruktur, erlaubt Vietnam europäischen Investoren nach einer Übergangszeit vollständig im ausländischen Eigentum stehende Unternehmen zu gründen.
Transportdienstleistungen:
Direkt nach Inkrafttreten des Abkommens erlaubt Vietnam europäischen Schiffereien für leere Konsolidierungen und Containertransporte die Quy Nhon-Cai Mep Route zu benutzen; nach fünf Jahren wird Vietnam alle Routen für leere Containertransporte bereitstellen. Bezüglich Baggerdienstleistungen erlaubt Vietnam EU-Unternehmen die Gründung von Joint Ventures mit ausländischem Kapitalanteil von bis zu 51 %, um Dienstleistungen in Vietnam zu erbringen. Für Dienstleistungen am Boden bei Flughäfen erlaubt das Ministerium für Transport, dass europäische Unternehmen fünf Jahre nach der Erschließung des Privatsektors Joint Ventures mit vietnamesischen Partnern gründen dürfen, um sich für die Umsetzung des Projekts zu bewerben, soweit das ausländische Kapital nicht 49 % übersteigt. Nach drei Jahren wird das ausländische Kapital auf 51 % limitiert.
Verteilungsdienstleistungen:
Vietnam stimmt der Abschaffung des Erfordernisses der wirtschaftlichen Bedarfsprüfung fünf Jahre nach Inkrafttreten des Abkommens zu. Vietnam behält sich jedoch das Recht vor, die Planung des Verteilernetzes auf nichtdiskriminierender Basis durchzuführen. Vietnam stimmte auch einer diskriminierungsfreien Behandlung für die Herstellung, die Einfuhr und den Vertrieb von alkoholischen Getränken zu, so dass EU-Unternehmen ihre Betriebsbedingungen im Rahmen der geltenden Lizenzen beibehalten können und nur eine Lizenz für die Einfuhr, den Vertrieb, den Groß- und Einzelhandel benötigen.
CPTPP
Das Kapitel für Handel mit Dienstleistungen und das Kapitel für Investitionen nach dem CPTPP enthält folgende Hauptverpflichtungen:
– Mindeststandard der Behandlung: Jede Vertragspartei sollte bezüglich der erfassten Investitionen die geltenden Grundsätzen des Völkergewohnheitsrechts, einschließlich einer fairen und gerechten Behandlung und eines umfassenden Schutzes und einer umfassenden Sicherheit, wahren.
– Enteignung: Soweit es beispielsweise für öffentliche Zwecke notwendig ist, hat die Regierung eines Landes die Möglichkeit ausländische Investoren zu enteignen. Nichtsdestotrotz muss ein solches Recht auf diskriminierungsfreien Gründen beruhen und einen sofortigen, adäquaten und effektiven Ausgleich im Einklang mit einem ordnungsgemäßen Rechtsverfahren und den Vorschriften des CPTPP nach sich ziehen.
– Transfer: Ausländische Investoren haben das Recht frei über ihre Kapitalanlagen und ihre Gewinne zu verfügen. Nichtsdestotrotz können die Mitgliedsregierungen des CPTPP in manchen Fällen Transfers von ausländischen Investoren verhindern oder verzögern, soweit sie der Kapitalkontrolle im Falle einer Zahlungsbilanz- oder Wirtschaftskrise dienen.
– Keine Leistungsanforderungen (PR) auferlegen: Ein Land darf keine Leistungsanforderungen als Bedingung für Investitionen aufrechterhalten, um Investitionslizenzen oder andere bevorzugte Investitionsbehandlungen zu erhalten.
– Keine Anforderungen an die Besetzung von Führungspositionen (SMB) stellen: Ein Land darf von einem Unternehmen nicht verlangen, dass es eine natürliche Person mit einer bestimmten Staatsangehörigkeit in eine Position der oberen Führungsebene beruft.
Streitbeilegung zwischen Investor und Staat (ISDS)
Zum Schutz der Interessen ausländischer Investoren erlaubt CPTPP diesen einen Rechtsstreit in einer internationalen Schlichtungsstelle anzustreben soweit die Interessen ausländischer Investoren von einem Mitgliedsstaat (beispielsweise Enteignung, Nationalismus, Mindeststandard der Behandlung) verletzt wurden. Eine Ausnahme gilt für solche Streitigkeiten, die sich aus der Umsetzung von Zusagen oder Verpflichtungen aus Investitionsabkommen und Investitionsgenehmigungen ergeben.
Dies ist zusätzlich im europäisch-vietnamesischen Investitionsschutzabkommen abgesichert. Das Inkrafttreten des EVIPA hängt von der Ratifizierung der europäischen Mitgliedstaaten ab und wird 2023 erwartet. Bei Streitigkeiten im Zusammenhang mit Investitionen (z. B. entschädigungslose Enteignung oder Diskriminierung von Investoren) kann ein Investor den Streitfall zur Beilegung vor das Investitionstribunal bringen. Um die Gleichberechtigung und Unabhängigkeit der Streitbeilegung zu gewährleisten, wird ein ständiges Gericht aus neun Mitgliedern bestehen: je drei Staatsangehörige aus der EU und Vietnam und drei Staatsangehörige aus Drittländern. Die Fälle werden von einem dreiköpfigen Gericht, welches zufällig durch den Vorsitzenden des Gerichts ausgewählt wird, gehört. So wird gewährleistet, dass in ähnlichen Fällen eine gleiche Entscheidung ergeht, was die Streitschlichtung vorhersehbarer macht. Das EVIPA gesteht auch eine Entscheidung durch nur ein Gerichtsmitglied zu, soweit der Antragsteller nur eine kleines oder mittleres Unternehmen oder die Entschädigung für die streitgegenständliche Forderung verhältnismäßig gering ist. Angesichts dessen, dass Vietnam noch immer ein Entwicklungsland ist, ist dies ein flexibler Ansatz.
Für den Fall, dass beide Parteien der Gerichtsentscheidung nicht zustimmen, kann Beschwerde bei einem Beschwerdegericht eingelegt werden. Dies unterscheidet sich zwar von dem üblichen Schiedsverfahren, ist aber mit dem zweistufigen Streitbeilegungsverfahren der WTO vergleichbar. Wir glauben, dieser Mechanismus könnte für das gesamte Verfahren zeit- und kostensparend sein.
Die endgültige Beilegung ist bindend und kann von den örtlichen Gerichten vollstreckt werden. Dies gilt mit Ausnahme eines Zeitraums von fünf Jahren nach Inkrafttreten des EVIPA (siehe weitere Anmerkungen im Kapital des Ausschusses für den Rechtssektor über gerichtliche und schiedsgerichtliche Rechtsmittel).