Anwalt in Vietnam Dr Oliver Massmann – RECHTLICHER HINWEIS ZUM ENTWURF DES GEÄNDERTEN KONKURSGESETZES

Am 4. Februar 2025 wurde der neueste Entwurf des geänderten Konkursgesetzes („Entwurf“) vom Obersten Volksgerichtshof („SPC“) zur öffentlichen Stellungnahme veröffentlicht. Der Entwurf soll das geltende Konkursgesetz Nr. 51/2014/QH13 vom 19. Juni 2014 („Konkursgesetz 2014“) ersetzen und führt mehrere wesentliche Änderungen ein, die sich auf die Konkursverfahren auswirken können, die auf der Umsetzung des Konkursgesetzes 2014 ab seinem Inkrafttreten bis heute basieren. Die erste Frist für öffentliche Stellungnahmen läuft bis zum 25. Februar 2025 und der voraussichtliche Termin für die Vorlage des endgültigen Entwurfs ist COB Mai 2025, während das geänderte Konkursgesetz voraussichtlich 2026 in Kraft treten wird.
Die wichtigsten Punkte des Entwurfs sind folgende:
1. Grundlegende Prinzipien für das Konkursrecht
Der Entwurf wurde um Grundsätze für das Konkursrecht ergänzt. Es handelt sich um folgende Grundsätze: (i) Transparenz bei den Sanierungsverfahren und der Konkurserklärung; (ii) Fairness bei der Aufteilung der Konkursmasse; und (iii) Maximierung des Wertes der Konkursmasse.
2. Bedingungen für die Insolvenz:
Der Entwurf sieht zwei Szenarien für insolvente Unternehmen vor. Demnach sind insolvente Unternehmen nach dem Entwurf entweder
Szenario 1 (neu vorgeschlagenes Szenario): Unternehmen, die nicht in der Lage sind, fällige Schulden für sechs (06) Monate ab dem Fälligkeitsdatum zu bezahlen, außer in Fällen höherer Gewalt oder objektiver Hindernisse.
Szenario 2 (wie im Konkursgesetz 2014): Unternehmen, die drei (03) Monate ab dem Fälligkeitsdatum nicht in der Lage sind, fällige Schulden zu begleichen.
Laut dem dem Entwurf beigefügten Bericht („Bericht“) wird der Zeitraum von 3 Monaten des Konkursgesetzes 2014 als zu kurz für den Lebenszyklus eines Unternehmens angesehen, und der Zeitraum von 6 Monaten sollte besser geeignet sein. Daher wird vom ASP eine neue Frist von 6 Monaten vorgeschlagen, zu der die Öffentlichkeit Stellung nehmen kann.
3. Spezialisierte Konkursgerichte
Dem Entwurf und dem Bericht zufolge werden gemäß dem neuen Gesetz über die Organisation des Volksgerichts aus dem Jahr 2024 alle Konkursfälle von spezialisierten Gerichten bearbeitet, und die Richter werden sich darauf konzentrieren, die Parteien bei der Beweiserhebung zu unterstützen. Dies ist eine wesentliche Änderung gegenüber dem geltenden Konkursgesetz von 2014, das Gerichte auf Bezirks- oder Provinzebene für die Bearbeitung von Konkursfällen vorsieht. Dem Entwurf zufolge werden die Fachgerichte mit der Bearbeitung von Fällen betraut, während (i) das Oberste Volksgericht den Antrag gegen die Entscheidungen über (i1) die Einleitung des Konkursverfahrens und (i2) die Konkurserklärung der Fachgerichte prüft; und (ii) das SPC den Antrag gegen die Entscheidungen der Obersten Volksgerichte prüft. Darüber hinaus sieht der Entwurf vor, dass relevante Aufgaben im Zusammenhang mit Konkursverfahren wie die Zustellung von Dokumenten, die Einreichung von Anträgen, die Zahlung von Gebühren, Sitzungen und Gläubigerversammlungen über eine Online-Plattform abgewickelt werden sollen. Es ist zu erwarten, dass eine solche Plattform in naher Zukunft vom SPC entwickelt wird.
4. Maßnahmen zur Vermögenserhaltung
Der Entwurf sieht drei (03) neue Maßnahmen zur Vermögenserhaltung vor:
(i) vorübergehende Aussetzung von Schuldenzahlungen, die nicht mit dem Sanierungsplan vereinbar sind;
(ii) vorübergehende Einstellung von Zahlungen an Renten- und Sterbekassen; und
(iii) die vorübergehende Aussetzung von Auslandsreisen für gesetzliche Vertreter.
5. Mediationsverfahren
Das Mediationsverfahren wird in dem Entwurf als neues Verfahren für das Sanierungs-/Konkursverfahren eingeführt. Demnach ist der Konkursverwalter dafür verantwortlich, über den Sanierungsplan, Streitigkeiten und Beschwerden im Zusammenhang mit den Vermögenswerten von Unternehmen und Genossenschaften zu vermitteln und dem Richter die Ergebnisse der Vermittlung mitzuteilen.
6. Neue Sanierungsverfahren
Nach dem aktuellen Konkursgesetz 2014 ist die Sanierung in das Konkursverfahren integriert und gilt für insolvente Unternehmen.
Der Entwurf führt jedoch gesonderte Rehabilitationsverfahren ein, die für insolvenzgefährdete Unternehmen zur Verfügung stehen, d.h. für Unternehmen, deren Geschäftsbetrieb stark beeinträchtigt wird, wenn sie fällige Schulden innerhalb der nächsten sechs Monate oder bereits fällige Schulden, jedoch nicht mehr als sechs Monate ab dem Datum des Antrags auf Einleitung eines Rehabilitationsverfahrens, begleichen müssen.
Das Ablauf des Sanierungsverfahrens ist im Allgemeinen wie folgt geregelt:
1. Schritt. Bevollmächtigter reicht Antrag beim Fachgericht ein.
2. Schritt. Innerhalb von drei Arbeitstagen nach Eingang des Antrags auf Eröffnung des Rehabilitationsverfahrens beauftragt der Vorsitzende des Fachgerichts einen Richter oder einen aus drei Richtern bestehenden Spruchkörper mit der Entscheidung über den Antrag auf Eröffnung des Rehabilitationsverfahrens.
3. Schritt. Innerhalb von drei Arbeitstagen nach dem Zuweisungsdatum prüft der zugewiesene Richter den Antrag, um festzustellen, ob das nächste Verfahren durchgeführt werden kann oder ob andere Maßnahmen seitens der betroffenen Parteien ergriffen werden müssen (d. h. Änderung des Antrags, Verweisung des Antrags an ein anderes Fachgericht, Rückgabe des Antrags).
4. Schritt. Verhandlung zwischen dem von Insolvenz bedrohten Unternehmen und seinen Gläubigern. Das Ergebnis der Verhandlung wirkt sich unmittelbar auf die Behandlung des Sanierungsverfahrens durch das Fachgericht aus (d.h. Fortsetzung oder Aussetzung des Verfahrens).
5. Schritt. Das Fachgericht nimmt den Antrag an und leitet das Rehabilitationsverfahren ein.
6. Schritt. Innerhalb von 2 oder 3 Monaten nach Beginn des Verfahrens muss von allen Beteiligten ein Sanierungsplan ausgearbeitet werden, der von der Gläubigerversammlung gebilligt und nach dem folgenden Szenario durchgeführt wird:
Szenario 1: Innerhalb von fünf (5) Jahren ab dem Datum der Genehmigung durch die Gläubigerversammlung.
Szenario 2: Innerhalb des in der Gläubigerversammlung festgelegten Zeitrahmens. Falls sich die Gläubigerversammlung nicht auf einen Zeitplan einigen konnte, wird der Sanierungsplan innerhalb von drei (3) Jahren ab dem Datum der Genehmigung durch die Gläubigerversammlung durchgeführt.
7. Antrag auf Konkursverfahren
Dem Entwurf zufolge können gesicherte Gläubiger nun einen Konkursantrag stellen, wenn keine gesicherten Vermögenswerte mehr vorhanden sind.
8. Ausländischer Konkurs
Der Entwurf sieht vor, dass vietnamesische Gerichte bei ausländischen Konkursverfahren Unterstützung leisten können, z.B. bei der Überprüfung, Inventarisierung, Bewertung, Liquidierung und Wiedererlangung der Vermögenswerte von Unternehmen, die für ausländische Konkursverfahren relevant sind. Darüber hinaus enthält der Entwurf detaillierte Bestimmungen zur Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Gerichtsurteile zu Konkursen. Der Entwurf enthält bemerkenswerte Bestimmungen wie die Zuständigkeit der Gerichte in Vietnam und bestimmte Fälle, in denen Konkursentscheidungen ausländischer Gerichte in Vietnam nicht anerkannt werden.
9. Übergangsbestimmungen
Gemäß Artikel 181 des Entwurfs des Konkursgesetzes, der als Übergangsbestimmung für die Behandlung laufender Konkursverfahren dient, unterliegen alle Konkursverfahren, die nach dem Konkursgesetz 2014 eingeleitet wurden, aber noch nicht das Stadium der Ausstellung einer Konkursentscheidung durch ein zuständiges Gericht erreicht haben, dem neuen Konkursgesetz.
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Bei Fragen und für weitere Einzelheiten steht Ihnen Dr. Oliver Massmann unter omassmann@duanemorris.com gerne zur Verfügung. Dr. Oliver Massmann ist der Generaldirektor von Duane Morris Vietnam LLC.

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