Mit Wirkung vom 1. Juli 2005 widmet sich das am 9. November 2004 erlassene Wettbewerbsgesetz neben Wettbewerbsbeschränkungen und unlauterem Wettbewerb auch den Formalitäten und Verfahren zur Lösung von Wettbewerbsfällen sowie den Sanktionen bei Verstößen gegen das Wettbewerbsgesetz. Auch dieses neue Wettbewerbsgesetz steht in einem engen Zusammenhang mit den Liberalisierungsbemühungen Vietnams. Wieweit es insbesondere mit Blick auf die staatlichen Unternehmen fairen Wettbewerb und effektiven Wettbewerbsschutz garantieren wird, kann erst die Zukunft zeigen. Zumindest ist aber ein erster Schritt hin zu einer Wettbewerbsordnung getan.
a)Anwendungsbereich
Das Gesetz findet auf Unternehmensvereinigungen und auf einzelne Unternehmen Anwendung, darunter Unternehmen des produzierenden Gewerbes und Unternehmen für Produktlieferungen oder Dienstleistungen des öffentlichen Interesses. Daneben fallen unter das Wettbewerbsgesetz sowohl Unternehmen, die im industriellen Bereich und dem staatlichen Monopolbereich tätig sind als auch ausländische Unternehmen mit Aktivitäten in Vietnam. Schließlich findet das Wettbewerbsgesetz auch auf in Vietnam tätige Handelsorganisationen Anwendung. Staatlichen Behörden ist es nach diesem Gesetz verboten, bestimmte Maßnahmen zu ergreifen, die mit dem Marktwettbewerb in Konflikt geraten. Gegenüber anderen Gesetzen und Vorschriften hat das Wettbewerbsgesetz Anwendungsvorrang, soweit es sich um Wettbewerbsbeschränkungen oder unlauterer Wettbewerb handelt und sich die Vorschriften widersprechen. Einen Anwendungsvorrang sieht das Wettbewerbsgesetz auch für internationale Verträge vor, bei denen Vietnam Mitgliedsstaat ist oder die von Vietnam unterzeichnet worden sind, soweit die Vorschriften des Wettbewerbsgesetzes zu den internationalen Verträgen im Widerspruch stehen.
b)Wettbewerbsbeschränkende Vereinbarungen
Nach dem Wettbewerbsgesetz fallen unter wettbewerbsbeschränkende Vereinbarungen:
• Direkte oder indirekte Preisabsprachen;
• Absprachen zur Aufteilung des Marktes oder der Lieferanten;
• Absprachen zur Beschränkung der Produktions-, Einkaufs- oder Verkaufsmenge; oder
• zur Beschränkung der technischen/technologischen Entwicklung und Investition;
• Vereinbarungen, die sachfremde Verpflichtungen oder Bedingungen aufzuzwingen;
• Vereinbarungen, die den Marktzutritt anderer hindern oder verhindern; oder
• die Unternehmen, die nicht Parteien der Absprache sind, vom Markt
ausschließen; und
• Geheime Absprachen bei Bietverfahren.
Die letzten drei aufgezählten Vereinbarungen sind streng verboten. Dagegen sind die ersten fünf Vereinbarungen nur dann verboten, wenn die Parteien der Absprache zusammen auf einen Marktanteil von mindestens 30% kommen, wobei Ausnahmen von dem Verbot dann gemacht werden können, wenn bestimmte Kriterien wie etwa Kostenreduzierungen und andere Vorteile für die Verbraucher erfüllt werden.
c)Marktbeherrschende Stellung und Monopolstellung
Von einem Unternehmen wird angenommen, dass es eine marktbeherrschende Stellung hat, wenn es einen Marktanteil von mindestens 30% hat oder in der Lage ist, den Wettbewerb erheblich zu beeinträchtigen. Bei einer Gruppe von Unternehmen wird davon ausgegangen, das sie eine marktbeherrschende Stellung hat, wenn die Unternehmen gemeinsam handeln, um den Wettbewerb einzuschränken und (i) auf einem Marktanteil von insgesamt 50 % oder mehr bei zwei Unternehmen, (ii) 65% und mehr bei drei Unternehmen, und (iii) 75 % und mehr bei vier Unternehmen kommen. Bei einem Unternehmen wird von einer Monopolstellung ausgegangen, wenn es keinen Wettbewerber hat.
d)Verbot des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung oder einer Monopolstellung
Unternehmen mit einer marktbeherrschenden Stellung oder einer Monopolstellung sind folgende Verhaltensweisen untersagt:
• Verkauf von Waren oder Dienstleistungen zu Preisen unterhalb der Gesamtkosten in
der Absicht, andere Wettbewerber vom Wettbewerb auszuschließen;
• Aufzwingen unvernünftiger Kauf- oder Verkaufspreise für Waren oder Dienstleistungen sowie Festsetzung von Mindestverkaufspreisen, die den Verbrauchern Schaden zufügen;
• Verwendung unterschiedlicher Geschäftsbedingungen auf identische Geschäfte zur
Schaffung von ungleichem Wettbewerb; und
• Verwehrung des Marktzutritts für neue Wettbewerber
Die oben genannten Verbote gelten auch für Unternehmen, die in Bereichen eines staatlichen Monopols tätig sind. Zusätzlich ist es diesen Unternehmen untersagt, (i) Verbrauchern ungünstige Bedingungen aufzuzwingen, sowie (ii) die Monopolstellung zur einseitigen Vertragsänderung oder –aufhebung ohne legitimen Grund auszunutzen.
e)“Ökonomische Konzentration”
Das Wettbewerbsgesetz beinhaltet auch ein Konzept der „ökonomischen Konzentration“. Dieser Begriff umfasst Unternehmensfusionen und -käufe, Konsolidierungen, Joint Ventures und andere Formen ökonomischer Konzentration. Fusionen, Konsolidierungen, Unternehmenskäufe und Joint Ventures werden im Wettbewerbsgesetz definiert. Ökonomische Konzentration ist dann untersagt, wenn der gemeinsame Marktanteil der teilnehmenden Unternehmen mehr als 50 % des relevanten Marktes beträgt, wobei einige Ausnahmen möglich sind. Haben die beteiligten Unternehmen einer ökonomischen Konzentration in dem relevanten Markt gemeinsam zwischen 30 % und 50 % Marktanteil, muss der gesetzliche Vertreter dieser Unternehmen die beabsichtigte ökonomische Konzentration der Wettbewerbsbehörde anzeigen, bevor das Vorhaben weitergeführt werden kann.
f)Unlauterer Wettbewerb
Folgende Verhaltensweisen stellen nach dem Wettbewerbsgesetz u.a. unlauteren Wettbewerb dar:
• Irreführende Angaben;
• Verletzung von Geschäftsgeheimnissen anderer;
• Nötigung zu einer bestimmten Geschäftsführung;
• Verunglimpfung anderer Unternehmen;
• Störung der Geschäftstätigkeiten anderer;
• Werbemaßnahmen zum Zwecke eines unlauteren Wettbewerbs;
• Sonderverkäufe zum Zwecke eines unlauteren Wettbewerbs;
• Diskriminierenden Behandlung durch eine Vereinigung;
• Unzulässiger mehrstufiger Verkauf; und
• Andere unzulässige Maßnahmen des unlauteren Wettbewerbs nach diesen Kriterien.
Das Wettbewerbsgesetz führt auch näher aus, was unlauterer Wettbewerb nach den oben genannten Kriterien darstellen kann.
g)Sanktionen bei Verstößen gegen das Wettbewerbsgesetz
Die Sanktionen für Verletzungen des Wettbewerbsgesetzes umfassen Verwarnungen,
Geldbußen in Höhe von bis zu 10 % des gesamten Jahresertrags des betroffenen Unternehmens sowie die Möglichkeit der Entziehung von Unternehmenslizenzen.
Zusätzlich können gegen das betroffene Unternehmen auch folgende Gegenmaßnahmen ergriffen werden:
• Restrukturierung der Gesellschaft, die ihre beherrschende Stellung missbraucht;
• Teilung oder Aufspaltung des fusionierten oder konsolidierten Unternehmens oder
• zwangsweise Rückabwicklung des Unternehmenskaufs;
• öffentlicher Widerruf;
• Ausschluss der wettbewerbswidrigen Abrede aus dem betroffenen Vertrag oder
Geschäft; und
• Andere notwendige Maßnahmen zur Beseitigung der wettbewerbsverletzenden Handlung.
Das Wettbewerbsgesetz enthält weiterhin einige Vorschriften bezüglich der Ermittlung und Behandlung von Wettbewerbsfällen durch die Wettbewerbsbehörde (Competition Board), das Wettbewerbsverfahren sowie das Verfahren über eine Ausnahmeerteilung von den oben genannten Verboten.
Bitte kontaktieren Sie den Autor Oliver Massmann direkt unter omassmann@duanemorris.com wenn Sie Fragen haben. Oliver Massmann ist der Generaldirektor von Duane Morris Vietnam LLC.
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