Überblick über die öffentlich-private Partnerschaft (ÖPP) im Vietnamesischen Recht
In der Vergangenheit musste die Infrastrukturentwicklung Vietnams darum kämpfen das sie mit der wirtschaftlichen Weiterentwicklung und dem Bevölkerungswachstum Schritt hält. Die Statistiken sagen vorraus, dass Vietnam innerhalb es Zeitraums von 2011 bis 2020 ca. 170 Milliarden US $ an Investitionen für die Infrastruktur benötigt, während dessen das staatliche Budget eingeschränkt ist. Die staatlichen Ressourcen und öffentlichen Funds (ODA – „official development assistance“) machen nur ungefähr die Hälfte dessen aus was eigentlich benötigt wird.
In dieser Situation sind die ÖPP die bestmögliche Lösung für Vietnam. Andere Länder haben es versucht und es mittlerweile geschafft erfolgreiche Partnerschaften zwischen der öffentlichen Hand und der Privatwirtschaft zu schaffen. Die grundsätliche Idee besteht darin das beide Seiten sich die Arbeit teilen und dadurch Synergieeffekte entstehen. Dabei steuert die öffentliche Hand Kunden bzw. Nutzer, Land sowie andere Anreize, wie zum Beispiel Steuererleichterungen bei, wohingegen der private Sektor Technologie, Kapital und die Erfahrung effizient zu arbeiten mit einbringt.
Vietnam hat bis dato mehrere rechtliche Rahmenbeingungen im Bezug auf ÖPP geschaffen die meist für BOT-Projekte (Build, Operate, Transfer; deutsch: Bauen, Betreiben, Übertragen) golten, welche seit 1997 unter der Verfügung Nr.1998/ND-CP vom 15. August 1998 (Verordnung Nr.62) für inländische Investoren und Verordnung Nr. 77-CP vom 18 Juni 1997 (Verordnung Nr. 77) für ausländische Investoren eingesetzt werden dürfen. 2009 hat die vietnamesische Regierung die Verordnung Nr. 108/2009/ND-CP (Verordnung Nr.108) erlassen um das BOT-Modell zu regulieren. BT- (“Build-Transfer”) und BOT-Projekte wurden durch die Verordnung Nr. 24/2011/ND-CP (Verordnung Nr.24) von 2011 vereinfacht. Des weiteren ist Erwähnenswert das 2010 ein Pilot-Programm unter der Entscheidung Nr. 71/2010/QD-TTg (Entscheidung Nr.71) vom 9. November 2010 vom Premier Minister selbst initiiert wurde.
Vietnam modifiziert die ÖPP-Gesetzgebung
Seit dem Pilot-Programm von 2011 wurde kein weiteres ÖPP-Projekt unter diesen Gesetzen unterzeichnet. Im Vergleich zu anderen südost-asiatischen Ländern sind ausländische Investitionen in Vietnam nur sehr gering. Die aktuelle ÖPP-Gesetzgebung schafft es nicht Vietnam für ausländischen Investitionen in Bezug auf ÖPP attraktiv zu machen. Ganz allgemein, die Verordnung Nr. 71, als Hauptverordnung, stellt nur ein generelles Gerüst zur Verfügung und ist zu weit auslegbar für BOT-Projekte.
Es ist schwierig in Vietnam Anleger und Kreditgeber für ÖPP Projekte zu finden, meist geschuldet dem geringen Willen der Regierung Zusagen zu erteilen in Bezug auf zugrunde liegenden Probleme wie geringe Löhne oder der Zahlungsbereitschaft; Risiken von Investitionen in Infrastrukturprojekte; und langwierige Regierungsverfahren. Vietnam fehlt es am staatlichen Willen Finanzierungslücken zu überbrücken und ÖPP-Projekte zu unterstützen, welche eine großen wirtschaftlichen Vorteil bringen könnten aber auch eventuell nicht tragfähig sein könnten.
In Vietnam fehlt es ganz klar an einem gesetzlichen Rechtsrahmen, welcher dabei hilft die staatliche Macht in Bezug auf ÖPP zu limitieren – solange werden ÖPP-Projekte in Vietnam nicht gefördert.
Um mit dieser Situation umzugehen ist Vietnam dabei die gesetzlichen Rahmenbedingungen für ÖPP zu verbessern, mit dem Ziel Investitionen in „Infrastruktur-Projekte“ neu zu beleben („Neues ÖPP Recht“). Anfang Januar 2015 hat das Ministerium für Planung und Investitionen (MPI) einen entgültigen Entwurf für eine ÖPP-Verordnung vorgestellt welche die Verordnungen Nr. 71 und 108 („Neuester ÖPP-Entwurf“) im Falle einer Ratifizierung ersetzen würde.
In diesem Beitrag möchten wir uns auf die Analyse einiger kritischer Fragen konzentrieren, welche in Bezug auf die Verordnung Nr. 71 auftauchen und klären weshalb die ÖPP-Projekte nicht profitabel sind und untersuchen ob der „Neueste ÖPP-Entwurf“ Vietnam näher an bankfähige Projekte bringen kann oder nicht.
Warum ist die aktuelle ÖPP-Gesetzgebung nicht bankfähig?
In einem ÖPP-Projekt ist die Finanzierbarkeit eine Sache der öffentlichen Hand, der Privatwirtschaft und der Kreditgeber. Ganz einfach gesagt, ein Projekt wird als bankfähig angesehen, wenn die Kreditgeber willig sind es zu finanzieren. Der Begriff der „bankfähigkeit“ wird meist im Zusammenhang mit ÖPP Projekten genutzt und bezieht sich in erster Linie darauf, dass man den Bedingungen und Anforderungen der Kreditgeber gerecht wird, denn ohne deren finanziellen Unterstützung kann ein ÖPP-Projekte nicht fortgesetzt werden.
Kreditgeber sind primär daran interessiert, dass ihr Kapital abgesichert ist und das es die Möglichkeit gibt in den Vertrag einzutreten sowie die Möglichkeit haben nicht vertragsgemäß handelnde Parteien aus dem Vertrag auszuschließen mit der Möglichkeit Eigenkapital während und nach der Errichtung zu transferieren. Da die Kreditgeber Standardanforderungen haben um ihre Rechte zu sichern, zum Beispiel Grundpfandrecht an den Anteilen oder alternative Garantien, falls sie ein ÖPP-Projekt finanzieren, muss ein ÖPP-Vertrag wasserdicht sein und ungeachtet aller Eventualitäten muss es möglich sein die Kreditgeber auszubezahlen.
Wie bereits erwähnt, die aktuellen ÖPP-Regulierungen in Vietnam führen nicht dazu das ÖPP-Projekte, wenn sie einmal angefangen haben, bankfähig werden und sie ziehen weder Inverstoren an noch Kreditinstitute was uns zu den Hauptproblemen führt, wie zum Beispiel des limitierten Eintrittsrechts des Kreditgebers, Garantien von ausländischen Währungen, die Nutzung von ausländischen Rechtsvorschriften, die Möglichkeit der staatlichen Unterstützung und Garantien.
Eintrittsrechte
Der bisherige Entwurf der ÖPP-Verordnung hat als Voraussetzung, dass alle Bedingungen, Verfahren und Inhalte welche von Kreditgebern ausgeübt werden können vorher von der dafür zuständigen staatlichen Agentur genehmigt werden müssen. Allerdings gibt es keine Definition bezüglich der autorisierten staatlichen Agentur und deren Genehmigungsverfahren. Es bleibt also fraglich ob der unterzeichnete Vertrag zwischen dem Investor und dem Staat unter den Anwenungsbereich dieser Genehmigungspflicht fällt. Eine solche Anforderung schränkt das Recht der Kreditgeber ein und macht ein ÖPP-Projekt nicht bankfähig.
Ausländische Währungsgarantien
Die meisten Infrastrukturprogramme in Vietnam sind solche die ihre Produktion in vietnamesischen Dong verkaufen müssen während in langfristigen Finanzierungsprogramen nur in ausländischer Währung gehandelt wird. Das bereitet die größte Hürde für die Bankfähigkeit von ÖPP-Projekten. Weiterhin sehen die gegenwärtigen ÖPP-Regularien keine staatlichen Garantien vor zum Beispiel dass der Wechselkurs gleich bleibt in Bezug auf Dong zu Dollar, und das die Verfügbarkeit und Umtauschbarkeit zum Dollar sichergestellt werden könnte. Das Fehlen solcher Garantien macht die Projekte wiederum nicht bankfähig.
Geltendes Recht
Das anwendbare Recht ist ein weiters Problem der Bankfähigkeit. Momentan ist bei staatlich finanzierten Projekten die Rechtswahl meist vietnamesisches Recht. Vietnamesisches Recht wird zwar meistens angewendet, trotzdem ist der Gesetzgebungsrahmen im nicht vergleichbar mit anderen Rechtssystemen, wie zum Beispiel England. Die limitierten rechtlichen Möglichkeiten geben Kreditgebern nicht die Sicherheit die sie brauchen um Kapital in diese Projekte fließen zu lassen.
Beleihung von Land
Nach vietnamesischen Recht werden Investoren davon befreit Pacht oder sonstige Gebühren für Grundstücke zu zahlen. Trotzdem erlaubt das „Land Recht“ keine Hypothek auf Land welches nicht vollständig abgezahlt ist. Diese Einschränkung wird derart interpretiert, dass ÖPP-Projekte unterschieden werden zwischen denen, bei denen Eigentum am Land besteht und denen bei denen das Land gemietet werden muss. Für letzteres ist ein Bank-Darlehn dann weitaus unattraktiver und des weiteren muss die Hypothek welche aufgenommen wird noch von den zuständigen staatlichen Stellen genehmigt werden.
Neues ÖPP-Recht in Vietnam: Richtiger Schritt zu bankfähigen Projekten?
Nach den Erfahrungen der ADB (Asian Development Bank) muss der Staat sich für eine größere Reform bereit machen, wenn ÖPP-Projekte erfolgreich abgeschlossen werden sollen. Es muss sichergestellt werden, dass die Privatwirtschaft eine Möglichkeit hat mitzuentscheiden. Weiterhin muss der Staat sich stärker an die Verträge binden und ÖPP-Projekte bei der Planung und bei einer erfolgreichen Umsetzung unterstützen, inklusive einer Analyse den eigentlichen Werte. Es bedarf außerdem einer Bündelung von Ressourcen damit die kritische Masse erreicht wird und es eine gewisse Beständigkeit gibt in den Versuchen und der Zurverfügungstellung von finanzieller Unterstützung. Das beinhaltet, jedoch nicht abschließend, staatliche Maßnahmen um Mehr-Jahres-Verträge abzuschließen, kreditfeste Unterstützungen und verantwortungsvolles Management der steuerlichen Verpflichtungen der jeweiligen ÖPP.
Aus dem Inhalt des „Neuester ÖPP-Entwurfs“ kann man entnehmen, dass die Meinungen von internationalen Ratgebern, multilateralen Einrichtungen, Spendern und Wirtschaftsverbänden einen positiven Einfluss auf die Entwurfe gehabt haben und die Regierung sich aktiv darum bemüht mit diesem Entwurf zukünftige ÖPP-Projekte bankfähig zu machen.
Erwähnenswert ist, dass frühere Limitierungen für staatliche Beteiligungen entfernt worden sind. Anstelle dessen bietet das Neue ÖPP-Recht dem Staat eine Beteiligung welche je nach finanzieller Beteiligung am jeweiligen Projekt variiert, sofern es von der staatlichen Behörde genehmigt wird. Diese Entwicklung ist bemerkenswert und spiegelt das Engagement der vietnamesischen Regierung, den Privaten Sektor zu unterstützen in den Versuch die vietnamesische Infrastruktur zu verbessern, wider.
Der „Neuester ÖPP-Entwurf“ stärkt die Eintrittsrecht der Kreditgeber durch den Wegfall der Genehmigung durch staatliche Behörden. Es biete dem Kreditgeber mehr Möglichkeiten sein Kapital zu schützen, indem der Kreditgeber die Kontrolle hat nicht vertragsgemäß handelnde Vertragspartner aus dem Vertrag zu entlassen. Trotzdem bedarf es auch in diesem Entwurf weiterhin der staatlichen Kontrolle damit der Vertrag zustande kommt, dieses Merkmal ist jedoch verhandelbar. Da eine solche Voraussetzung die Vertragsunterzeichnung verhindern kann, können die Vertragsparteien keinen Vertrag abschließen ohne eine klare Antwort seitens der staatlichen Behörde.
Nach dem „Neuesten ÖPP-Entwurf“ bleibt vietnamesisches Recht weiterhin das anwendbare Recht, aber wenn es sich um ausländische Rechtsanwendungen handeln sollte, kann dies auch vereinbart werden. Der Entwurf macht deutlich wann Projektverträge nach ausländischem Recht behandelt werden sollen, vorwiegend in Fällen in denen eine ausländische Partei und eine staatliche Agentur involviert sind. Ausländisches Schiedsgericht kann vereinbart werden, wenn es sich um Fälle handelt, bei denen ein ausländischer Investor beteiligt ist oder aber auch bei staatlich-gestützten Garantieverträgen. Der Entwurf bestimmt außerdem dass Streitigkeiten vor einem Schiedsgericht entschieden werden sollen, wenn der Vertrag dies vorsieht und es sich um eine finanzielle Streitigkeit handelt und das ausländische Schiedsgericht anerkennt, dass in Vietnam geurteilt wird und dieses Urteil auch in Vietnam vollstreckt werden soll. Diese Entwicklung ist einer früheren Diskussion geschuldet, welche sich um die Anerkennung und Umsetzung ausländischer Schiedsgerichte drehte in Bezug auf das Fehlen von „finanziellen Streitigkeiten“ im Rahmen der aktuellen Gesetzgebung in Bezug auf Anerkennung und Umsetzung.
Gleichzeitig gewährt der „Neueste ÖPP-Entwurf“ dem Kreditgeber das Recht, Immobilien, Landnutzungsrechte und Handelsrecht auf Projektanlagen zu verpfänden. Weiterhin wird garantiert, dass das Land während der gesamten Laufzeit in der es für das Projekt genutzt wird, auch nur für dieses genutzt wird, selbst wenn der Kreditgeber von seinem Eintrittsrecht gebrauch macht. Die Voraussetzung, dass eine staatliche Behörde zustimmen muss in Bezug auf die Hypothek wurde entfernt. Diese neue Entwicklung ist sehr positiv für die Investoren und die Kreditgeber und damit auch für die Bankfähigkeit. Nichtdestotrotz, der „Neueste ÖPP-Entwurf“ gibt nur Garantien in Bezug auf die Hypothek welche mit der Nutzung des Landes verknüpft ist und dem damit verbundenen Zivil Recht Vietnams – es wird jedoch nicht auf das Recht eingewirkt inwiefern Gebühren oder Mieten zu zahlen sind. Der Entwurf sollte dieses Problem beinhalten, da eine positive Lösung sich in diesem Zusammenhang auch positiv auf die Bankfähigkeit auswirken würde.
Ein anderer wichtiger Faktor in Bezug auf die Bankfähigkeit ist die ausländische Währungsgarantie bzw. Devisengarantie. Einerseits garantiert der Staat eine Balance zwischen der ausländischen Währung und der Landeswährung und ist der Ansicht, die Geldnachfrage in Abhängigkeit von der wirtschaftlichen und sozialen Situation gerecht zu werden. Anderseits gibt es keine Garantie auf stabile Wechselkurse. In der Realität sieht es so aus, dass der Staat versucht die ausländische Währungen so gering wie möglich zu halten. Diese Limitierung verhindert gemeinsam mit der normalen Fluktuation und einer möglichen rückläufigen Währung, dass das Projekt voran kommt. Ein Beispiel aus Kasachstan kann als Verdeutlichung genommen werde um aufzuzeigen was passiert, wenn es keine Währungsgarantie gibt. Die kasachstanische Regierung hat sich bereit erklärt für den Wertverlust aufzukommen, wenn der tenge (Kasatansche Währung) unter fünf Prozent seines Wertes während des Erlaubniszeitraumes fällt. Das ist ein wichtiger Ansatzpunkt, da in Kasachstan die Währung eher instabil ist und die Zentral Bank früher oder später einen Verlust von ca. 19% erwartet. Das bedeutet, wenn die Regierung Garantien verhindern unter dem Neuen ÖPP-Recht, dann wird das bei den Investoren mehr Befürchtungen hervorbringen und somit Projekte verhindern. Es ist in diesen Fällen schwer für den Investor zu sehen, ob das Projekt das Risiko auch wirklich wert ist.
Zusammenfassend ist zu sagen, dass der „Neueste ÖPP-Entwurf“ gut ausgearbeitet ist und mit diesem kommt Vietnam dem Ziel näher, bankfähige ÖPP-Projekte zu verwirklichen. Insbesondere da dieser Entwurf keine Limitierung bzgl. der maximalen staatlichen Beteiligung vorsieht – das ist ein wahrer Durchbruch. Wenn alle diese Entwürfe wirklich in das geltende Recht implementiert werden, hätte das zur Folge, dass das ÖPP-Recht deutlich verjüngt wird. Unterdessen verabschiedet die Regierung Massnahmen welche die Verwirklichung von ÖPP-Projekten erleichtern. Die Regierung hat vor kurzem eine Aufstellung veröffentlicht welche alle ausländischen Investoren aufzählt, welche versprochen haben in die Entwicklung zu investieren.
In der Realität kommt es jedoch wie immer auf die Qualität der Umsetzung an.
Bitte wenden Sie sich an den Autor Oliver Massmann, wenn Sie Fragen haben. Herr Oliver Massmann ist Generaldirektor von Duane Morris Vietnam.
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