In den letzten Jahren wurde dem Thema Nachhaltigkeit in der Europäischen Union eine immer höhere Priorität eingeräumt und dessen Schlüsselrolle bei der Bewältigung globaler Herausforderungen erkannt. So wurden verschiedene gesetzliche Rahmenbedingungen geschaffen, um Aspekte aus den Bereichen Umwelt, Soziales und verantwortungsvolle Unternehmensführung (ESG) in Unternehmensstrategien zu integrieren, darunter die Richtlinie über die nichtfinanzielle Berichterstattung (NFRD), die EU-Offenlegungsverordnung (SFDR), die EU-Taxonomie-Verordnung, die Richtlinie über die Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen (CSRD) usw.
In jüngster Zeit haben auch einzelne EU-Mitgliedstaaten eigene Lieferkettengesetze erlassen, welche in Umfang und Rechtswirkung voneinander divergieren. In dem Bestreben, eine gemeinsame Grundlage für alle Mitgliedstaaten zu schaffen, will der europäische Gesetzgeber den bestehenden regulatorischen Flickenteppich durch die Richtlinie über die Sorgfaltspflichten von Unternehmen im Hinblick auf Nachhaltigkeit (CSDDD), gemeinhin als das EU-Lieferkettengesetz bezeichnet, ablösen.
Die Richtlinie soll einen umfassenden Rahmen für die Sorgfaltspflicht von Unternehmen schaffen, um negative Auswirkungen auf Menschenrechte, Umwelt und verantwortungsvolle Unternehmensführung in der gesamten Aktivitätskette zu erkennen, zu verhindern und zu mildern. Sollte die CSDDD wie erwartet in Kraft treten, würde sie Unternehmen, einschließlich derer, die in Vietnam tätig und mit der EU verbunden sind, erhebliche Verpflichtungen in Bezug auf die Einhaltung ihrer Bestimmungen sowie die wirksame Durchsetzung der Sorgfaltspflicht auferlegen.
Da sich die Gesetzeslandschaft ständig ändert, sollten Unternehmen wachsam bleiben und sich auf mögliche Änderungen ihrer Sorgfalts- und Nachhaltigkeitspflichten einstellen.
Nachfolgend finden Sie einen Überblick über die relevanten Bestimmungen der CSDDD für Unternehmen mit Sitz in Vietnam.
CSDDD – Überblick
Aktueller Stand
Nach langen Diskussionen hinter verschlossenen Türen und mehrmaligen Abstimmungsverzögerungen im Europäischen Rat hat sich die Mehrheit der EU-Mitgliedstaaten am 15. März 2023 auf ein Kompromisspaket zur CSDDD geeinigt. Zuletzt hat das Europäische Parlament am 24. April der CSDDD zugestimmt. Als letzter formeller Schritt im Gesetzgebungsverfahren muss der vom Europäischen Parlament vorgelegte Text der CSDDD vom Europäischen Rat formell angenommen werden, was voraussichtlich am 23. Mai 2024 geschehen wird.
Die CSDDD schafft eine gesetzliche Haftung für Unternehmen im Zusammenhang mit Umwelt- und Menschenrechtsverletzungen in ihrer Aktivitätskette. Um eine Einigung zu erzielen, wurde die CSDDD gegenüber dem ursprünglichen Vorschlag in wesentlichen Punkten deutlich abgeschwächt. Unter Beibehaltung des Konzepts der zivilrechtlichen Haftung von Unternehmen, wie es in der Richtlinie definiert ist, wurde der Geltungsbereich der Richtlinie eingeschränkt, wodurch die Zahl der betroffenen Unternehmen, einschließlich jener in Vietnam, erheblich reduziert wurde. Erreicht wurde dies durch die Anhebung der Schwellenwerte für die Mitarbeiterzahl und den Umsatz der Unternehmen sowie durch die Streichung der ursprünglichen Liste „spezifischer Sektoren“ (z.B. Textil- und Lederherstellung, Land- und Forstwirtschaft, Fischerei und mineralgewinnende Industrien), die naturgemäß ein höheres Risiko für Menschenrechtsverletzungen darstellten, so dass auch Unternehmen mit weniger Mitarbeitern und geringerem Umsatz hätten betroffen sein können. Eine weitere Neuerung gegenüber dem vorherigen Richtlinienentwurf ist die Einführung eines abgestuften Ansatzes, der Übergangsfristen von drei bis fünf Jahren vorsieht, je nach Anzahl der Beschäftigten und des weltweiten Umsatzes der von den Bestimmungen der CSDDD betroffenen Unternehmen.
Anwendungsbereich
Allgemeines
Als Kompromisslösung wurde die Richtlinie mit einem flexiblen Anwendungsbereich versehen. Er sieht vor, dass die Richtlinie nur für Unternehmen gilt, die die festgelegten Bedingungen in zwei aufeinander folgenden Geschäftsjahren erfüllen. Umgekehrt gelten die Bestimmungen der Richtlinie nicht mehr für Unternehmen, welche die in der Richtlinie genannten Bedingungen in den letzten beiden relevanten Geschäftsjahren nicht erfüllt haben.
Pflichtenadressaten
Die Verpflichtungen der Richtlinie gelten für Unternehmen, die nach dem Recht eines Mitgliedstaates gegründet wurden und die folgenden Kriterien erfüllen („Kategorie 1“):
(i) das Unternehmen hatte im letzten Geschäftsjahr, für das ein Jahresabschluss erstellt wurde oder hätte erstellt werden müssen, (durchschnittlich) mehr als 1.000 Beschäftigte und einen weltweiten Nettoumsatz von mehr als 450 Mio. EUR (statt wie bisher geplant: Unternehmen mit 500 Beschäftigten und einem Jahresumsatz von mehr als 150 Mio. EUR);
(ii) das Unternehmen hat die oben genannten Schwellenwerte nicht erreicht, ist aber die oberste Muttergesellschaft eines Konzerns, der die Schwellenwerte im letzten Geschäftsjahr, für das ein Konzernabschluss aufgestellt wurde oder hätte aufgestellt werden müssen, erreicht hat; oder
(iii) das Unternehmen hat Franchise- oder Lizenzvereinbarungen in der Union mit unabhängigen Drittunternehmen geschlossen oder ist die oberste Muttergesellschaft einer Gruppe, die Franchise- oder Lizenzvereinbarungen in der Union gegen Lizenzgebühren geschlossen hat, wenn diese Vereinbarungen eine gemeinsame Identität, ein gemeinsames Geschäftskonzept und die Anwendung einheitlicher Geschäftsmethoden gewährleisten und wenn sich diese Lizenzgebühren auf mehr als 22, 5 Mio. EUR im letzten Geschäftsjahr, für das ein Jahresabschluss aufgestellt wurde oder hätte aufgestellt werden müssen, und sofern das Unternehmen im letzten Geschäftsjahr, für das ein Jahresabschluss aufgestellt wurde oder hätte aufgestellt werden müssen, einen Nettoumsatz von mehr als 80 Mio. EUR weltweit erzielt hat oder die oberste Muttergesellschaft eines Konzerns ist, der diesen Nettoumsatz erzielt hat.
Darüber hinaus gelten Verpflichtungen für Unternehmen, die nach dem Recht eines Drittstaates gegründet wurden und eine der folgenden Bedingungen erfüllen („Kategorie 2“):
(i) das Unternehmen hat in dem Geschäftsjahr, das dem letzten Geschäftsjahr vorausging, in der Union einen Nettoumsatz von mehr als 450 Mio. EUR erzielt;
(ii) das Unternehmen hat die oben genannten Schwellenwerte nicht erreicht, ist aber die oberste Muttergesellschaft einer Gruppe, die auf konsolidierter Basis in dem Geschäftsjahr, das dem letzten Geschäftsjahr vorausging, die Schwellenwerte erreicht hat; oder
(iii) das Unternehmen hat Franchise- oder Lizenzvereinbarungen in der Union mit unabhängigen Drittunternehmen geschlossen oder ist die oberste Muttergesellschaft eines Konzerns, der Franchise- oder Lizenzvereinbarungen in der Union gegen Lizenzgebühren geschlossen hat, wenn diese Vereinbarungen eine gemeinsame Identität, ein gemeinsames Geschäftskonzept und die Anwendung einheitlicher Geschäftsmethoden gewährleisten und wenn sich diese Lizenzgebühren in dem dem letzten Geschäftsjahr vorausgehenden Geschäftsjahr in der Union auf mehr als 22,5 Mio. EUR beliefen, und sofern das Unternehmen in dem dem letzten Geschäftsjahr vorausgehenden Geschäftsjahr in der Union einen Nettoumsatz von mehr als 80 Mio. EUR erzielt hat oder die oberste Muttergesellschaft eines Konzerns ist, der diesen Nettoumsatz erzielt hat.
Ausnahmen
Hervorzuheben ist, dass die CSDDD ihren Anwendungsbereich erheblich einengt, da sie nun eine Ausnahmebestimmung enthält. Besteht nämlich die Haupttätigkeit der obersten Muttergesellschaft im Halten von Anteilen an operativen Tochtergesellschaften und nimmt sie nicht an den Management-, Betriebs- oder Finanzentscheidungen teil, die sich auf die Gruppe oder eine ihrer Tochtergesellschaften auswirken, kann sie von der Erfüllung der Verpflichtungen der Richtlinie befreit werden. Voraussetzung für diese Befreiung ist jedoch, dass eine in der Union niedergelassene Tochtergesellschaft der obersten Muttergesellschaft benannt wird, um die Verpflichtungen der CSDDD im Namen der obersten Muttergesellschaft zu erfüllen, einschließlich ihrer Verpflichtungen in Bezug auf die Tätigkeiten ihrer Tochtergesellschaften. In diesem Fall muss die benannte Tochtergesellschaft über die notwendigen Mittel und rechtlichen Befugnisse verfügen, um diese Verpflichtungen wirksam zu erfüllen. Insbesondere muss sichergestellt sein, dass sie von den Unternehmen der Gruppe die Informationen und Unterlagen erhält, die für die Erfüllung der Verpflichtungen der obersten Muttergesellschaft gemäß der CSDDD erforderlich sind. Die oberste Muttergesellschaft muss diese Befreiung bei der zuständigen Aufsichtsbehörde beantragen. Wenn die oben genannten Bedingungen erfüllt sind, wird die zuständige Aufsichtsbehörde die Befreiung gewähren. Die oberste Muttergesellschaft haftet jedoch weiterhin gemeinsam mit dem benannten Tochterunternehmen für die Nichteinhaltung der Verpflichtungen des Tochterunternehmens.
Darüber hinaus soll die Feststellung, ob ein Unternehmen unter die CSDDD fällt, einer fortlaufenden Bewertung unterzogen werden: Erfüllt ein Unternehmen die Kriterien der Kategorie 1 oder 2, gilt die Richtlinie nur, wenn dies in zwei aufeinander folgenden Geschäftsjahren der Fall ist. Umgekehrt gilt die Richtlinie für ein Unternehmen nicht mehr, wenn die Voraussetzungen der jeweiligen Kategorie in den letzten beiden relevanten Geschäftsjahren nicht mehr erfüllt sind.
Zeitlicher Anwendungsbereich der Bestimmungen
Die Umsetzungsfristen für die Bestimmungen der CSDDD variieren je nach Größe und Rechtsform der Unternehmen. Für Unternehmen der Kategorie 1 (i) und (ii) mit mehr als 5.000 Beschäftigten und einem weltweiten Nettoumsatz von mehr als 1.500 Millionen Euro gilt die Richtlinie drei Jahre nach ihrem Inkrafttreten. Für Unternehmen, die dieselben Kriterien erfüllen, aber mehr als 3.000 Beschäftigte und einen weltweiten Nettoumsatz von mehr als 900 Millionen Euro haben, gilt die Richtlinie vier Jahre nach ihrem Inkrafttreten. Für Unternehmen der Kategorie 2 (i) und (ii) mit einem Nettoumsatz in der Union von mehr als 1 500 Mio. EUR gilt die Richtlinie drei Jahre nach Inkrafttreten, für Unternehmen mit einem Nettoumsatz von mehr als 900 Mio. EUR vier Jahre nach Inkrafttreten. Für alle anderen Unternehmen beider Kategorien gilt die Richtlinie fünf Jahre nach ihrem Inkrafttreten. Die zur Erfüllung der Berichtspflichten im Rahmen der CSDDD erforderlichen Maßnahmen gelten für diese Unternehmen jedoch (erst) ab dem 1. Januar 2028 bzw. dem 1. Januar 2029.
Inhalt – Welche Aufgaben und Pflichten bestehen für Unternehmen?
Zentrale Pflichten
Von den Unternehmen wird erwartet, dass sie ihrer Sorgfaltspflicht durch folgende Maßnahmen nachkommen und Ressourcen und Informationen mit ihren jeweiligen Unternehmensgruppen und anderen juristischen Personen im Einklang mit dem geltenden Wettbewerbsrecht austauschen:
· Integration risikobasierter menschenrechtlicher und umweltbezogener Sorgfaltspflichten in alle relevanten Richtlinien und Risikomanagementsysteme, die in Absprache mit den Beschäftigten des Unternehmens und ihren Vertretern entwickelt wurden, einschließlich einer jährlich (oder unverzüglich nach wesentlichen Änderungen) zu aktualisierenden Sorgfaltspflichtpolitik, die eine Beschreibung des (langfristigen) Ansatzes des Unternehmens, einen Verhaltenskodex (Code of Conduct, CoC) für Beschäftigte, Tochterunternehmen und (in)direkte Geschäftspartner sowie eine Beschreibung der Prozesse und Maßnahmen zur Integration und Umsetzung der Sorgfaltspflicht, zur Überprüfung der Einhaltung des CoC und zur Ausweitung seiner Anwendung auf Geschäftsbeziehungen enthält.
· Identifizierung und Bewertung tatsächlicher oder potenzieller negativer Auswirkungen auf die Menschenrechte und die Umwelt, die sich aus der Geschäftstätigkeit des Unternehmens (oder seiner Tochtergesellschaften und, sofern sie mit seiner Aktivitätskette zusammenhängen, seiner Geschäftspartner) ergeben, durch „angemessene Maßnahmen“. Im Wesentlichen sind die Unternehmen verpflichtet, (a) ihre eigene Geschäftstätigkeit, die ihrer Tochtergesellschaften und gegebenenfalls die ihrer Geschäftspartner zu erfassen, um Bereiche zu ermitteln, die für negative Auswirkungen anfällig sind, und (b) auf der Grundlage der Ergebnisse der Erfassung eine umfassende Bewertung dieser Tätigkeiten vorzunehmen. Wenn es möglich ist, wesentliche Informationen für die umfassende Bewertung von Geschäftspartnern auf verschiedenen Ebenen der Aktivitätskette zu erhalten, sollten die Unternehmen diese Informationen in erster Linie direkt von den Geschäftspartnern anfordern, die in den Bereichen tätig sind, die für negative Auswirkungen am anfälligsten sind.
Wenn es den Unternehmen nicht möglich ist, alle identifizierten negativen Auswirkungen gleichzeitig und in vollem Umfang anzugehen, sollen die Unternehmen bei der Erfüllung ihrer Verpflichtung, die negativen Auswirkungen zu vermeiden, angemessen abzuschwächen, zu beheben oder zu minimieren, Prioritäten setzen. Die Prioritäten sollten auf der Grundlage der Schwere und Wahrscheinlichkeit der negativen Auswirkungen festgelegt werden. Sobald die schwerwiegendsten und wahrscheinlichsten negativen Auswirkungen innerhalb eines angemessenen Zeitraums angegangen wurden, sollten die Unternehmen die weniger schwerwiegenden und wahrscheinlichen negativen Auswirkungen angehen.
An die Ermittlung schließt sich ein abgestuftes Regelungskonzept an, welches der Unterscheidung zwischen „potenziellen“ und „tatsächlichen“ negativen Auswirkungen Rechnung trägt:
· Potenzielle negative Auswirkungen sollen in erster Linie vermieden und – falls dies nicht (unmittelbar) möglich ist – angemessen abgeschwächt werden. Bei der Frage, welche Maßnahmen Unternehmen in diesem Zusammenhang ergreifen müssen, ist zu berücksichtigen, (a) ob die potenzielle negative Auswirkung allein vom Unternehmen, gemeinsam vom Unternehmen und seiner Tochtergesellschaft oder seinem Geschäftspartner oder allein vom Geschäftspartner des Unternehmens in der Aktivitätskette ausgeht; (b) ob die potenzielle negative Auswirkung im Betrieb der Tochtergesellschaft, des direkten Geschäftspartners oder des indirekten Geschäftspartners entstehen kann; (c) inwieweit das Unternehmen in der Lage ist, den Geschäftspartner zu beeinflussen, der für die potenzielle negative Auswirkung verantwortlich ist oder zu ihr beiträgt.
Abhängig von den vorstehenden Punkten können die angemessenen Maßnahmen Folgendes umfassen:
o die unverzügliche Entwicklung eines „Präventionsaktionsplans“ (in Zusammenarbeit mit der Industrie oder mit Multi-Stakeholder-Initiativen), der auf die Geschäftstätigkeit und die Aktivitätskette des Unternehmens zugeschnitten ist, mit klar festgelegten Zeitplänen und Indikatoren zur Messung von Verbesserungen;
o Einholung vertraglicher Zusicherungen von direkten Geschäftspartnern – und von deren Partnern, soweit deren Tätigkeiten Teil der Aktivitätskette des Unternehmens sind – bezüglich der Einhaltung des CoC des Unternehmens und erforderlichenfalls der Sicherstellung eines Präventionsaktionsplans;
o Tätigung notwendiger finanzieller oder nicht-finanzieller Investitionen, Anpassungen oder Upgrades, z.B. in Anlagen, Produktions- oder andere betriebliche Prozesse und Infrastrukturen;
o Vornahme notwendiger Änderungen oder Verbesserungen des Geschäftsplans, der allgemeinen Strategien und Verfahren des Unternehmens, einschließlich seiner Einkaufs-, Konstruktions- und Vertriebspraktiken;
o gezielte und verhältnismäßige Unterstützung von KMU, die Geschäftspartner des Unternehmens sind, je nach Bedarf und unter Berücksichtigung der Ressourcen, des Fachwissens und der Sachzwänge des KMU. Dies kann die Bereitstellung oder die Erleichterung des Zugangs zum Aufbau von Kapazitäten, zu Schulungen oder zur Verbesserung von Managementsystemen beinhalten. Wenn die Einhaltung der CoC oder des Präventionsaktionsplans die Tragfähigkeit des KMU gefährden würde, muss das Unternehmen gezielte und verhältnismäßige finanzielle Unterstützung leisten, z. B. in Form von Direktfinanzierung, zinsgünstigen Darlehen, Garantien für die weitere Beschaffung oder Hilfe bei der Beschaffung von Finanzmitteln;
o Zusammenarbeit mit anderen Unternehmen im Einklang mit den Unionsrecht zwecks Verbesserung der Fähigkeit des Unternehmens zur Vermeidung/Abschwächung negativer Auswirkungen, insbesondere wenn keine anderen Maßnahmen geeignet oder wirksam sind.
· Tatsächliche negative Auswirkungen sollen primär behoben oder, soweit dies nicht unmittelbar möglich ist, in ihrem Ausmaß minimiert werden. Auch dies sollte auf der Grundlage geeigneter Maßnahmen erfolgen, welche nach den oben genannten Kriterien für potenzielle negative Auswirkungen festzulegen sind. Solche geeigneten Maßnahmen können sein:
o Neutralisierung/Minimierung des Ausmaßes der Auswirkungen durch Maßnahmen, die in einem angemessenen Verhältnis zur Schwere der negativen Auswirkungen und zur Beteiligung des Unternehmens an diesen stehen;
o die unverzügliche Entwicklung und Umsetzung eines „ Korrekturmaßnahmenplans“ (in Zusammenarbeit mit der Industrie oder mit Multi-Stakeholder-Initiativen), der auf die Geschäftstätigkeit und die Aktivitätskette des Unternehmens zugeschnitten ist, mit festgelegten Fristen und Indikatoren zur Messung von Verbesserungen, wenn die negativen Auswirkungen nicht sofort behoben werden können;
o Einholung vertraglicher Zusicherungen von direkten Geschäftspartnern – und von deren Partnern, soweit deren Tätigkeiten Teil der Aktivitätskette des Unternehmens sind – bezüglich der Einhaltung des CoC des Unternehmens und erforderlichenfalls der Sicherstellung eines Korrekturmaßnahmenplans;
o Tätigung notwendiger finanzieller oder nicht-finanzieller Investitionen, Anpassungen oder Upgrades, z.B. in Anlagen, Produktions- oder andere betriebliche Prozesse und Infrastrukturen;
o Vornahme notwendiger Änderungen oder Verbesserungen des Geschäftsplans, der allgemeinen Strategien und Verfahren des Unternehmens, einschließlich seiner Einkaufs-, Konstruktions- und Vertriebspraktiken;
o gezielte und verhältnismäßige Unterstützung von KMU, die Geschäftspartner des Unternehmens sind, je nach Bedarf und unter Berücksichtigung der Ressourcen, des Fachwissens und der Sachzwänge des KMU. Dies kann die Bereitstellung oder die Erleichterung des Zugangs zum Aufbau von Kapazitäten, zu Schulungen oder zur Verbesserung von Managementsystemen beinhalten. Wenn die Einhaltung der CoC oder des Präventionsaktionsplans die Tragfähigkeit des KMU gefährden würde, muss das Unternehmen gezielte und verhältnismäßige finanzielle Unterstützung leisten, z. B. in Form von Direktfinanzierung, zinsgünstigen Darlehen, Garantien für die weitere Beschaffung oder Hilfe bei der Beschaffung von Finanzmitteln;
o Zusammenarbeit mit anderen Unternehmen im Einklang mit den Unionsrecht zwecks Verbesserung der Fähigkeit des Unternehmens zur Behebung/Minimierung negativer Auswirkungen, insbesondere wenn keine anderen Maßnahmen geeignet oder wirksam sind;
o Ergreifung von Abhilfemaßnahmen, wenn das Unternehmen für eine tatsächliche negative Auswirkung verantwortlich ist oder dazu beiträgt. In Fällen, in denen die negative Auswirkung ausschließlich vom Geschäftspartner des Unternehmens ausgeht, kann das Unternehmen freiwillige Abhilfemaßnahmen anbieten oder seinen Einfluss auf den Geschäftspartner nutzen, um Abhilfemaßnahmen zu erleichtern.
Die Unternehmen können gegebenenfalls zusätzliche Maßnahmen ergreifen, die über die oben Genannten hinausgehen. Zu diesen Maßnahmen könnten die Erörterung der Erwartungen an die Geschäftspartner in Bezug auf die Vermeidung und Abschwächung potenzieller negativer Auswirkungen, die Behebung tatsächlicher negativer Auswirkungen oder die Minimierung ihres Ausmaßes sowie die Ermöglichung oder Erleichterung des Zugangs zu Kapazitätsaufbau, Beratung, administrativer und finanzieller Unterstützung in Form von Darlehen oder Finanzierungen gehören, wobei die Ressourcen, das Wissen und die Sachzwänge des Geschäftspartners zu berücksichtigen sind.
Können die negativen Auswirkungen durch die oben genannten Maßnahmen nicht vermieden/angemessen abgeschwächt/behoben/minimiert werden, können die Unternehmen vertragliche Zusicherungen von indirekten Geschäftspartnern (einschließlich KMU) einholen, die mit geeigneten Maßnahmen zur Überprüfung ihrer Einhaltung einhergehen (z.B. Überprüfung durch unabhängige Dritte, einschließlich Branchen- oder Multi-Stakeholder-Initiativen). Um die Belastung der KMU zu verringern, sieht die CSDDD vor, dass die angewandten Bedingungen fair, angemessen und nicht diskriminierend sein müssen und dass die Kosten der Überprüfungsmaßnahmen, sofern sie nach der Bewertung als notwendig erachtet werden, vom Unternehmen zu tragen sind; falls ein KMU wünscht, zumindest einen Teil der Kosten zu tragen, oder im Einvernehmen mit dem Unternehmen, muss es die Ergebnisse der Überprüfungen mit anderen Unternehmen teilen können.
Wenn die oben genannten Maßnahmen unwirksam sind, muss das Unternehmen – als letztes Mittel – davon absehen, neue Geschäftsbeziehungen mit dem Geschäftspartner in Verbindung mit oder in der Kette von Aktivitäten, von denen die Auswirkungen ausgegangen sind, einzugehen oder bestehende Geschäftsbeziehungen auszubauen; wenn dies gesetzlich zulässig ist und nach einer Bewertung, ob die Folgen der Aussetzung oder Beendigung der Geschäftsbeziehungen jene der negativen Auswirkungen aufwiegen würden, muss das Unternehmen dann (a) unverzüglich einen verstärkten Präventionsaktions-/Korrekturmaßnahmenplan beschließen und umsetzen, indem es seine Einflussmöglichkeiten nutzt oder verstärkt, insbesondere durch vorübergehende Aussetzung der Geschäftsbeziehungen in Bezug auf die betreffenden Tätigkeiten, einschließlich der Festlegung eines konkreten und angemessenen Zeitrahmens für die Maßnahmen, innerhalb dessen sich das Unternehmen nach alternativen Geschäftspartnern umsehen kann; (b) die Geschäftsbeziehungen beenden, wenn keine begründete Erwartung besteht, dass die Bemühungen erfolgreich sein werden, oder wenn durch die Umsetzung des Plans die negativen Auswirkungen nicht verhindert/abgeschwächt werden können. In diesem Zusammenhang stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass die Verträge eine Aussetzung oder Beendigung zulassen, sofern nicht anders gesetzlich vorgeschrieben. Das Unternehmen muss die Auswirkungen der Aussetzung/Kündigung verhindern/verringern/beenden, den Geschäftspartner davon unterrichten und seine Entscheidung regelmäßig überprüfen. Entscheidet sich das Unternehmen gegen eine Aussetzung/Kündigung, muss es die potenziellen Auswirkungen und die verfügbaren angemessenen Maßnahmen regelmäßig überwachen und neu bewerten.
· Darüber hinaus müssen Unternehmen künftig eine in einem EU-Mitgliedstaat niedergelassene bzw. ansässige natürliche oder juristische Person als Bevollmächtigten benennen, um eine effektive Zusammenarbeit mit der – für die Überwachung der Einhaltung von Verpflichtungen zuständigen — mitgliedsstaatlichen Aufsichtsbehörde zu gewährleisten. Auch in Vietnam niedergelassene Unternehmen sollen künftig der aufsichtsbehördlichen Überwachung mit der Maßgabe unterliegen, dass für diese die Aufsichtsbehörde des Mitgliedstaats zuständig ist, in dem das Unternehmen eine Zweigstelle unterhält. Hat das Unternehmen keine Zweigstelle in einem Mitgliedstaat oder befinden sich seine Zweigstellen in verschiedenen Mitgliedstaaten, so ist die Aufsichtsbehörde des Mitgliedstaats zuständig, in dem das Unternehmen den größten Teil seines Nettoumsatzes in der Union in dem Geschäftsjahr erzielt hat, das dem letzten Geschäftsjahr, einem durch die Mitgliedstaaten näher bestimmten Zeitpunkt oder dem Zeitpunkt, an dem das Unternehmen erstmals die Kriterien der Kategorie 2 erfüllt, vorangeht, je nachdem, welcher Zeitpunkt der spätere ist. In diesem Zusammenhang soll es – im Falle einer relevanten Umstandsänderung – möglich sein, die Aufsichtsbehörde auf Antrag des Unternehmens zu wechseln.
· Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass Muttergesellschaften, die unter die CSDDD fallen und bestimmte in der Richtlinie festgelegte Bedingungen erfüllen, die in der Richtlinie festgelegten Verpflichtungen im Namen ihrer unter die Richtlinie fallenden Tochterunternehmen erfüllen können, sofern dies eine wirksame Einhaltung gewährleistet. Dies hat jedoch keine Auswirkungen auf die Beaufsichtigung der Tochtergesellschaften oder deren zivilrechtliche Haftung.
Sonstige relevante Bestimmungen
Die Richtlinie enthält folgende weitere Bestimmungen, deren Umsetzung von den Mitgliedstaaten sicherzustellen ist:
· Die Unternehmen müssen die Stakeholder wirksam einbeziehen, indem sie ihnen relevante Informationen zur Verfügung stellen und es ihnen ermöglichen, gegebenenfalls zusätzliche Informationen anzufordern. Die Konsultation der Interessengruppen sollte in verschiedenen Phasen des Sorgfaltsprüfungsprozesses erfolgen; ist eine wirksame Einbeziehung der Interessengruppen jedoch nicht zumutbar, müssen die Unternehmen zusätzlich Experten konsultieren, die zuverlässige Einblicke in potenzielle oder tatsächliche negative Auswirkungen geben können. Die Unternehmen müssen Hindernisse für die Beteiligung identifizieren und beseitigen und sicherstellen, dass die Teilnehmer vor Vergeltungsmaßnahmen geschützt sind, unter anderem durch Wahrung der Vertraulichkeit oder Anonymität. Unternehmen können diesen Verpflichtungen auch durch Branchen- oder Multi-Stakeholder-Initiativen nachkommen. Letztere sind jedoch kein Ersatz für die Konsultation der Arbeitnehmer und ihrer Vertreter im Einklang mit den einschlägigen EU- und nationalen Rechtsvorschriften.
· Die Unternehmen müssen ein „faires, öffentliches, allgemein zugängliches, vorhersehbares und transparentes“ Beschwerdeverfahren einführen und aufrechterhalten, bei dem die Unternehmen angemessene Maßnahmen ergreifen, um Vergeltungsmaßnahmen zu verhindern, indem sie die Identität der Person oder Organisation, die die Beschwerde einreicht, vertraulich behandeln. Personen und Organisationen (und ihre Vertreter), die berechtigte Bedenken hinsichtlich tatsächlicher oder potenzieller negativer Auswirkungen der Geschäftstätigkeit eines Unternehmens, seiner Tochtergesellschaften oder Geschäftspartner in der Aktivitätskette des Unternehmens haben, können bei dem Unternehmen Beschwerden einreichen, angemessene Folgemaßnahmen verlangen, sich mit Vertretern des Unternehmens zu Gesprächen treffen und eine Begründung dafür erhalten, ob eine Beschwerde als begründet oder unbegründet angesehen wird. Im Falle einer begründeten Beschwerde werden sie über die bereits ergriffenen oder noch zu ergreifenden Schritte und Maßnahmen informiert, die beschwerdegegenständlichen negativen Auswirkungen gelten als festgestellt; zudem soll das Unternehmen geeignete Maßnahmen ergreifen.
Darüber hinaus sollen die Unternehmen einen leicht zugänglichen Mechanismus einrichten, über den natürliche und juristische Personen Berichte über tatsächliche oder potenzielle negative Auswirkungen im Zusammenhang mit ihren Betrieben, Tochtergesellschaften und Geschäftspartnern in ihren Aktivitätsketten einreichen können. Die Meldungen können nach Maßgabe des nationalen Rechts anonym oder vertraulich erfolgen, und die Unternehmen müssen Vergeltungsmaßnahmen verhindern, indem sie die Identität der Hinweisgeber geheim halten. Darüber hinaus können die Unternehmen den Hinweisgeber über ergriffene oder geplante Maßnahmen informieren. Diesen Verpflichtungen können die Unternehmen auch durch kooperative Beschwerdeverfahren und Meldemechanismen nachkommen, sofern diese bestimmte Anforderungen erfüllen. Die Einreichung einer Meldung oder Beschwerde hat keinen Einfluss auf den Zugang zu anderen Verfahren oder Mechanismen.
· Die Unternehmen sollen die Umsetzung und Überwachung der Angemessenheit und Wirksamkeit ihrer eigenen Verfahren und Maßnahmen, der Verfahren und Maßnahmen ihrer verbundenen Unternehmen und, soweit sie mit ihrer Tätigkeitskette in Zusammenhang stehen, der Verfahren und Maßnahmen ihrer Geschäftspartner im Hinblick auf die Ermittlung, Vermeidung, Abschwächung, Beendigung und Minimierung des Ausmaßes negativer Auswirkungen bewerten; die Bewertungen sollen unverzüglich nach Eintreten einer wesentlichen Veränderung, mindestens jedoch alle 12 Monate, und immer dann, wenn es berechtigte Gründe für die Annahme gibt, dass wesentliche neue Risiken negativer Auswirkungen auftreten könnten, durchgeführt werden. Das Unternehmen soll seine Sorgfaltspflicht, die ermittelten negativen Auswirkungen und die daraus abgeleiteten geeigneten Maßnahmen entsprechend aktualisieren.
· Unternehmen, die nicht bereits Berufspflichten nach der Bilanz-Richtlinie (2013/34/EU) unterliegen, sollen über die unter die CSDDD fallenden Angelegenheiten berichten, indem sie eine jährliche Erklärung auf ihrer Website veröffentlichen. Die Erklärung muss in mindestens einer Amtssprache des EU-Mitgliedstaats der gemäß der CSDDD benannten Aufsichtsbehörde und, falls dies nicht der Fall ist, in einer in der internationalen Wirtschaftswelt gebräuchlichen Verkehrssprache veröffentlicht werden. Die Veröffentlichung sollte innerhalb von 12 Monaten nach dem Bilanzstichtag des Geschäftsjahres bzw. bei Unternehmen, die freiwillig gemäß der Bilanzrichtlinie berichten, zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Jahresabschlusses erfolgen. Unternehmen, die nach dem Recht eines Drittstaates gegründet wurden – somit auch Unternehmen, die nach vietnamesischem Recht gegründet wurden – müssen Angaben zu ihrem bevollmächtigten Vertreter machen. Die Kommission wird bis zum 31. März 2027 delegierte Rechtsakte erlassen, in denen der Inhalt und die Kriterien der Berichterstattung im Einzelnen festgelegt werden, wobei diese an die Standards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung gemäß der Bilanzrichtlinie angepasst werden und gleichzeitig sichergestellt wird, dass es keine Überschneidungen mit den Berichtspflichten für Unternehmen gibt, die der Offenlegungsverordnung (EU) 2019/2088 unterliegen.
Ab dem 1. Januar 2029 müssen Unternehmen bei der Veröffentlichung ihrer jährlichen Erklärung diese gleichzeitig an eine in der CSDDD genannte Sammelstelle übermitteln. Das Ziel besteht darin, die Erklärung über das durch die Verordnung (EU) 2023/2859 eingerichtete Europäische zentrale Zugangsportal (ESAP) zugänglich zu machen. Die Mitgliedstaaten stellen außerdem sicher, dass die übermittelten Informationen bestimmte Anforderungen erfüllen: Sie sollten in einem datenextrahierbaren Format gemäß der Verordnung (EU) 2023/2859 oder, sofern dies nach Unionsrecht oder nationalem Recht erforderlich ist, in einem maschinenlesbaren Format vorliegen. Die den Informationen beigefügten Metadaten sollten den Namen des Unternehmens, die Kennung der juristischen Person, die Größe des Unternehmens, den Wirtschaftszweig, die Art der Informationen und einen Hinweis darauf, ob personenbezogene Daten enthalten sind, umfassen. Darüber hinaus stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass die Unternehmen eine Kennung der juristischen Person erhalten und bis zum 31. Dezember 2028 mindestens eine Sammelstelle benennen und dies der ESMA mitteilen, um die Informationen über das ESAP zugänglich zu machen. Die Europäische Kommission wird ermächtigt, Durchführungsmaßnahmen zu erlassen, um zusätzliche Metadaten, die Datenstrukturierung und das erforderliche maschinenlesbare Format für die Übermittlung der Informationen festzulegen.
· Die von der EU-Kommission zu erlassenden Leitlinien, einschließlich allgemeiner Leitlinien und Leitlinien für bestimmte Sektoren oder spezifische negative Auswirkungen, werden Mustervertragsklauseln enthalten.
· Ferner sollen die Mitgliedstaaten spezielle Websites, Plattformen oder Portale einrichten, um Unternehmen, ihren Geschäftspartnern und Interessengruppen Informationen und Unterstützung zur Verfügung zu stellen. Diese Plattformen sollten sich insbesondere an KMU richten, die in die Aktivitätsketten von Unternehmen eingebunden sind, und Zugang zu den Berichterstattungskriterien, den Leitlinien der Kommission, einer zentralen Auskunftsstelle (bei der Unternehmen Informationen, Beratung und Unterstützung bei der Erfüllung ihrer Verpflichtungen erhalten können) sowie Informationen für Interessengruppen darüber bieten, wie sie während des gesamten Sorgfaltsprüfungsverfahrens einbezogen werden können. Die Mitgliedstaaten können KMU und Interessengruppen finanziell unterstützen, wobei die Kommission diese Maßnahmen auch durch gemeinsame Initiativen der Interessengruppen ergänzen kann. Die Unternehmen können sich an Brancheninitiativen beteiligen und die Überprüfung der Sorgfaltspflicht durch Dritte in Anspruch nehmen, um ihre Unabhängigkeit und die Erfüllung ihrer Rechenschaftspflicht zu gewährleisten. Die Kommission wird Leitlinien zur Bewertung der Eignung solcher Initiativen und Prüfer herausgeben.
· Unternehmen müssen einen Übergangsplan zur Eindämmung des Klimawandels verabschieden und umsetzen, der mit den Zielen des Pariser Übereinkommens und den EU-Vorschriften in Einklang steht, wobei (1) Unternehmen, die bereits einen Übergangsplan gemäß den einschlägigen EU-Richtlinien vorgelegt haben, als konform gelten und (2) die Erderwärmung gemäß dem Pariser Übereinkommen auf 1,5 Grad Celsius begrenzt wird. Damit soll das Ziel der EU, bis 2050 klimaneutrale Treibhausgasemissionen (THG) zu erreichen, einschließlich aller damit verbundenen Zwischenziele für 2030 (d. h. eine Reduzierung der Netto-THG-Emissionen um mindestens 55 % gegenüber 1990) und 2040, gefördert werden. Der Plan muss jährlich aktualisiert werden und die Fortschritte bei der Erreichung der zeitgebundenen Ziele detailliert darlegen sowie Dekarbonisierungsstrategien, Einzelheiten zu Investitionen und die Rolle der Verwaltungsorgane enthalten.
· Die Aufsichtsbehörden sollten mit angemessenen Befugnissen und Ressourcen ausgestattet werden, um die in der CSDDD festgelegten Verpflichtungen durchzusetzen, einschließlich der Möglichkeit, Informationen anzufordern und Untersuchungen durchzuführen. Des Weiteren sollen Aufsichtsbehörden von Amts wegen oder bei begründeten Bedenken – im Falle drohender Beeinträchtigung der Wirksamkeit des Untersuchungserfolgs sogar ohne vorherige Warnung des betreffenden Unternehmens – Untersuchungen einleiten dürfen. Im Falle der Feststellung von Verstößen haben die Unternehmen die Möglichkeit, Abhilfe zu schaffen; die von der Aufsichtsbehörde verhängten Maßnahmen schließen jedoch verwaltungsrechtliche Sanktionen oder zivilrechtliche Haftung im Schadensfall nicht aus. In diesem Zusammenhang sind die Aufsichtsbehörden auch befugt, die Abstellung von Verstößen anzuordnen, Sanktionen zu verhängen und einstweilige Maßnahmen zu treffen. Diese Befugnisse können unmittelbar, in Zusammenarbeit mit anderen Behörden oder über den Rechtsweg ausgeübt werden. Umgekehrt hat der Einzelne das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf gegen Entscheidungen der Aufsichtsbehörden. Die Aufsichtsbehörden sind verpflichtet, Aufzeichnungen über Untersuchungen und Durchsetzungsmaßnahmen zu führen. Entscheidungen der Aufsichtsbehörden über die Einhaltung der Vorschriften haben keinen Einfluss auf die zivilrechtliche Haftung eines Unternehmens.
· Natürliche und juristische Personen, die einen auf objektive Umstände gestützten Grund zur Annahme haben, dass ein Unternehmen gegen die CSDDD-Vorgaben verstößt, sollen ihre begründeten Bedenken künftig vor jeder Aufsichtsbehörde geltend machen dürfen und über das Ergebnis der Prüfung jener Bedenken und der aufsichtsbehördlichen Entscheidung informiert werden. Zur Überprüfung der verfahrens- und materiell-rechtlichen Rechtmäßigkeit aufsichtsbehördlicher Entscheidungen, Handlungen oder Unterlassungen soll natürlichen und juristischen Personen der Zugang zu nationalen Gerichten oder anderen unabhängigen öffentlichen Stellen eröffnet werden.
· Die Meldung von Verstößen richtet sich nach der Whistleblower-Richtlinie (EU) 2019/1937 und den jeweiligen mitgliedstaatlichen Umsetzungsgesetzen.
· Die Einhaltung der Verpflichtungen aus der CSDDD, sei es durch obligatorische Übernahme oder durch freiwillige Maßnahmen, gilt als Umwelt- oder Sozialfaktor, den öffentliche Auftraggeber bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen und Konzessionen gemäß den Richtlinien 2014/24/EU, 2014/25/EU und 2014/23/EU berücksichtigen können.
Sanktionen und Haftung
Die Mitgliedstaaten sollen Sanktionen für Verstöße gegen die nationalen Vorschriften zur Umsetzung der CSDDD festlegen und durchsetzen und dabei sicherstellen, dass die Sanktionen „wirksam, verhältnismäßig und abschreckend“ sind. Die Sanktionen müssen die Art und Schwere des Verstoßes, frühere Verstöße, ergriffene Abhilfemaßnahmen, finanzielle Vorteile oder Verluste aufgrund des Verstoßes usw. berücksichtigen. Die Geldbußen werden auf der Grundlage des weltweiten Nettoumsatzes des Unternehmens festgesetzt, wobei die Obergrenze nicht unter 5 % des Umsatzes des vorangegangenen Geschäftsjahres liegen darf. Sanktionsentscheidungen sind für mindestens fünf Jahre öffentlich zugänglich zu machen und dem Europäischen Netz der Aufsichtsbehörden (ENSA) unter Ausschluss personenbezogener Daten mitzuteilen.
Die Mitgliedstaaten stellen ferner sicher, dass Unternehmen für Schäden haftbar gemacht werden können, die durch ihre vorsätzliche oder fahrlässige Verletzung der im Rahmen der CSDDD eingegangenen Verpflichtungen zur Vermeidung potenzieller und zur Behebung tatsächlicher negativer Auswirkungen entstanden sind, sofern das Recht, das Verbot oder die Verpflichtung, das bzw. die in Anhang I („Rechte und Verbote, die in internationalen Menschenrechtsübereinkünften niedergelegt sind“) aufgeführt ist, den Schutz der natürlichen oder juristischen Person bezweckt und durch den Verstoß eine nach innerstaatlichem Recht geschützte natürliche oder juristische Person geschädigt wird. Diese Haftung stellt ein rechtliches Novum dar und beinhaltet die Verpflichtung zur vollständigen Entschädigung. Sie erstreckt sich auch auf Unternehmen, die an Brancheninitiativen teilgenommen oder sich der Überprüfung durch Dritte bedient haben.
Einerseits ist die vorgesehene zivilrechtliche Haftung begrenzt. Die Unternehmen haften „nur“, wenn sie vorsätzlich oder fahrlässig ihre Pflichten zur Überwachung der Aktivitätsketten vernachlässigt haben. Neben den Geschädigten selbst können künftig auch Gewerkschaften und Nichtregierungsorganisationen klagen (allerdings nur direkt im Namen der Geschädigten). Ein Unternehmen kann hingegen nicht haftbar gemacht werden, wenn der Schaden allein durch seine Geschäftspartner verursacht wurde.
Wird das Unternehmen haftbar gemacht, so hat der Geschädigte Anspruch auf vollen Schadenersatz nach nationalem Recht, ohne dass es zu einer Überkompensation kommt. Die Mitgliedstaaten sorgen auch für angemessene Verjährungsfristen (mindestens fünf Jahre) für die Erhebung von Schadenersatzklagen und für den Zugang zu Gerichtsverfahren, die nicht zu laufen beginnen, bevor die Rechtsverletzung beendet ist und der Kläger Kenntnis von dem Verhalten, dem verursachten Schaden und der Identität des Rechtsverletzers hat oder billigerweise hätte haben können. Die Kläger können auch Unterlassungsklagen einreichen und einschlägige Organisationen ermächtigen, im Namen der Geschädigten zu klagen. Es ist auch zu beachten, dass nationale Gerichte die Offenlegung von Beweisen anordnen können, wenn dies für ein Gerichtsverfahren erforderlich ist, und dass Unternehmen, die an Initiativen oder Überprüfungen durch Dritte beteiligt sind, dennoch haftbar gemacht werden können. Darüber hinaus berührt die Haftung eines Unternehmens für Schäden nicht die Haftung seiner Tochtergesellschaften oder Geschäftspartner. Die zivilrechtlichen Haftungsregeln der CSDDD schränken die Haftung von Unternehmen nach anderen Rechtsordnungen nicht ein und können auch dann durchgesetzt werden, wenn das anwendbare Recht nicht dasjenige eines Mitgliedstaates ist.
Auswirkungen einer möglichen Umsetzung der CSDDD auf Unternehmen mit Sitz in Vietnam
Sollte die CSDDD in Kraft treten und umgesetzt werden, werden EU-Unternehmen der 1. Kategorie ihre Sorgfaltspflichten auf ihre Geschäftspartner – auch im EU-Ausland – ausdehnen. Damit würden indirekt auch Unternehmen mit Sitz in Vietnam, die eng in die Aktivitätsketten dieser EU-Unternehmen eingebunden sind, in die Pflicht genommen. Indes beschränkt sich die CSDDD nicht auf indirekte Auswirkungen, sondern dehnt ihren Anwendungsbereich ausdrücklich auf Unternehmen mit Sitz in Drittländern aus. Vietnamesische Unternehmen oder Unternehmen mit Niederlassungen in Vietnam wären somit direkte Adressaten der Verpflichtungen der Kategorie 2. In diesem Zusammenhang veröffentlicht die ENSA eine indikative Liste von Drittlandsunternehmen, die der CSDDD unterliegen. Dies ist insbesondere für in Vietnam ansässige Unternehmen von Bedeutung, da es Klarheit darüber schafft, welche Unternehmen in den Anwendungsbereich der Richtlinie fallen. Wichtig ist jedoch, dass die Kriterien für die Eröffnung des Anwendungsbereichs der Richtlinie regelmäßig überprüft werden. Der Beginn der Anwendung der Vorschriften, insbesondere für Unternehmen der Kategorie 2, aber auch für Unternehmen der 1. Kategorie, da dies indirekt auch Unternehmen in Vietnam betreffen kann, muss ebenfalls berücksichtigt werden.
Von (in)direkter Relevanz für vietnamesische Unternehmen wären darüber hinaus die von den Mitgliedstaaten zu erlassenden Sanktionsvorschriften sein.
Investitionen in und die Einführung von nachhaltigen Technologien und Praktiken sowie juristische Beratung zu geeigneten Strategien in diesem Zusammenhang und zur Risikominimierung werden deshalb unverzichtbar. In Zukunft gilt es auch, die regulatorischen Vorgaben der Aufsichtsbehörden und der Europäischen Kommission zu beachten.
Unsere Kanzlei steht Ihnen bei diesen Fragen gerne zur Verfügung und unterstützt Sie bei der Entwicklung geeigneter Strategien.
CSDDD und EVFTA
Dennoch stehen vietnamesische Unternehmen den CSDDD-Vorgaben – angesichts ihrer bestehenden Verpflichtungen im Rahmen des EVFTA, welche die Einhaltung von CSR-, Umweltstandards, Klimaprotokollen sowie den Schutz der Biodiversität umfassen – nicht völlig unvorbereitet gegenüber. Im Kapitel 13 des EVFTA wird die nachhaltige Entwicklung zu einem grundlegenden Element der bilateralen Handelsbeziehungen mit der EU erklärt. Im Lichte der EVFTA-Verpflichtungen ist Vietnam bestrebt, durch seine Gesetzgebung und Politik ein hohes Umwelt-, Arbeits- und Sozialschutzniveau zu gewährleisten und zu fördern und bemüht sich ständig um Verbesserungen. Was die Verfahrensgarantien betrifft, so unterliegen – im Gegensatz zu anderen im EVFTA erörterten Themen – alle Streitigkeiten, die sich aus Kapitel 13 über Handel und nachhaltige Entwicklung ergeben, einschließlich arbeitsrechtlicher Fragen, nicht den allgemeinen Streitbeilegungsverfahren nach Kapitel 15, sondern können vielmehr nur durch Konsultationen auf Regierungsebene oder durch Einschaltung einer Sachverständigengruppe, wie in Kapitel 13 vorgesehen, beigelegt werden.
In Bezug auf Arbeitsnormen schafft das EVFTA keine neuen Standards, sondern betont die Umsetzung der Verpflichtungen, die Vietnam und die EU als Mitglieder der IAO im Rahmen der Erklärung über grundlegende Prinzipien und Rechte bei der Arbeit und deren Folgemaßnahmen eingegangen sind, insbesondere: i) die Vereinigungsfreiheit und die wirksame Anerkennung des Rechts auf Kollektivverhandlungen, ii) die Beseitigung aller Formen der Zwangs- oder Pflichtarbeit, iii) die wirksame Abschaffung der Kinderarbeit und iv) die Beseitigung der Diskriminierung in Beschäftigung und Beruf. Bereits vor Inkrafttreten des EVFTA hat Vietnam seine Gesetze, Vorschriften und Politiken verabschiedet und angepasst, um sie mit den international anerkannten Arbeitsnormen in Einklang zu bringen. Dieser Prozess setzt sich im Zuge der Erfüllung der Verpflichtungen Vietnams im Rahmen des CPTPP und des EVFTA fort; Letzteres zeigt insbesondere die Änderung des Arbeitsgesetzbuchs im Jahr 2019.
Im Bereich des Umweltschutzes enthält das EVFTA neben Kapitel 13 ein eigenes Kapitel über nichttarifäre Handels- und Investitionshemmnisse im Bereich der Erzeugung erneuerbarer Energie. Es enthält sektorspezifische Regelungen (i) zur diskriminierungsfreien Behandlung im Allgemeinen (Genehmigungs-, Zertifizierungs- und Zulassungsverfahren), (ii) zum sog. „Local Content“ und (iii) zur Verwendung internationaler Standards.
Relevante Initiativen aus jüngster Zeit sind u.a. die Entscheidung Nr. 876/QD-TTg zur Genehmigung des Aktionsprogramms für den Umstieg auf grüne Energie und die Verringerung der Kohlendioxid- und Methanemissionen im Verkehrssektor, die Entscheidung Nr. 500/QD-TTg zur Genehmigung des Energieentwicklungsplans VIII, das Umweltschutzgesetz Nr. 72/2020/QH14 und Der Strategische Rahmen für die Zusammenarbeit zwischen der Regierung der Sozialistischen Republik Vietnam und den Vereinten Nationen im Bereich der nachhaltigen Entwicklung für den Zeitraum 2022-2026 (“One Strategic Framework for Sustainable Development Cooperation between the Government of the Socialist Republic of Vietnam and the United Nations for the Period 2022-2026”). Daraus ergibt sich nicht zuletzt die Verpflichtung für in Vietnam tätige Unternehmen, diese Standards und die lokalen Anforderungen zu erfüllen.
Fazit
Angesichts des bevorstehenden Inkrafttretens der CSDDD müssen die in Vietnam ansässigen Unternehmen wachsam bleiben.
Die CSDDD enthält Verpflichtungen für Unternehmen in Bezug auf tatsächliche und potenzielle negative Auswirkungen auf Menschenrechte und Umwelt im Zusammenhang mit ihren eigenen Aktivitäten, denen ihrer Tochtergesellschaften und denen ihrer Geschäftspartner in der Aktivitätskette. Die EU-Mitgliedstaaten sind verpflichtet, die CSDDD in nationales Recht umzusetzen. Betroffene Unternehmen in Vietnam müssen sich daher so früh wie möglich auf die zukünftige Rechtslage vorbereiten, um weiterhin auf dem EU-Markt wettbewerbsfähig zu bleiben. Durch eine proaktive Anpassung an die sich ändernden rechtlichen Rahmenbedingungen können vietnamesische Unternehmen diesen Herausforderungen effektiv begegnen und dauerhaft in Europa Fuß fassen.
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Bei Fragen oder für weitere Informationen steht Ihnen Dr. Oliver Massmann unter omassmann@duanemorris.com gerne zur Verfügung. Dr. Oliver Massmann ist geschäftsführender Direktor von Duane Morris Vietnam LLC.