Dieser Beitrag widmet sich den geltenden Einfuhrbestimmungen für den Warenverkehr aus der EU nach Vietnam und geht konkret auf Zollsätze und Zollkontingente, Ursprungsregeln, Dokumentationspflichten, Zollverfahren, Einfuhrkontrollen, technische Handelshemmnisse und handelspolitische Schutzmaßnahmen ein.
Wichtig zu wissen ist, dass seit dem 1. August 2020 ein Freihandelsabkommen zwischen der EU und Vietnam (EVFTA) besteht. Mit dem Abkommen wird die Beseitigung von Zöllen, Bürokratie und anderen Hindernissen, mit denen europäische Unternehmen beim Export nach Vietnam konfrontiert sind, angestrebt. Die meisten Waren können seitdem zollbegünstigt oder teilweise sogar zollfrei nach Vietnam exportiert werden.
1. Ursprungsregeln für Waren und geltende Zolltarife (einschließlich Zollkontingente)
Waren, die für die Ausfuhr nach Vietnam bestimmt sind, können von einer Präferenzbehandlung profitieren, wenn sie die Ursprungsregeln der EVFTA erfüllen. Mit Ursprung ist hier die “wirtschaftliche Nationalität” der gehandelten Ware gemeint. Damit die Ware dementsprechend für den niedrigeren oder Null-Präferenzzoll in Frage kommt, muss es seinen Ursprung in der EU oder Vietnam haben. Die Ursprungsregeln sind im Protokoll über die Bestimmung des Begriffs „Erzeugnisse mit Ursprung in“ oder „Ursprungserzeugnisse“ und über die Methode der Zusammenarbeit der Verwaltungen des Freihandelsabkommens EU-Vietnam (ABl. L 186 vom 12.6.2020, S. 1319) festgelegt. Die produktspezifischen Ursprungsregeln des Protokolls wurden auf die Fassung des Harmonisierten Systems von 2022 aktualisiert. Der Beschluss Nr. 2/2024 (ABl. L 838 vom 12.3.2024) trat am 1. Januar 2024 in Kraft.
Für bestimmte Waren, die von Präferenzzöllen im Rahmen des EVFTA profitieren können, legt das vietnamesische Ministerium für Industrie und Handel (MOIT) jährlich Kontingente fest. Exporteure und Importeure haben für diese beim MOIT eine Einfuhrkontingentlizenz zu beantragen, um in den Genuss der Präferenzzollsätze zu kommen. Für den Antrag müssen das Antragsformular im Original und eine beglaubigte Kopie des Investitionsregistrierungszertifikats (IIRC) oder des Unternehmensregistrierungszertifikats (ERC) eingereicht werden.
2. Einfuhrkontrollen
Einfuhrverbote existieren nur für wenige Warengruppen, darunter z.B. Waffen und militärische Ausrüstung, bestimmte Gattungen gebrauchter Konsumgüter wie Textilien und bestimmte Arten gebrauchter Kraftfahrzeuge oder Güter, deren Einfuhr gegen internationale Abkommen verstoßen würde. Die vietnamesische Regierung veröffentlicht Listen über Waren, die einem Einfuhrverbot unterliegen.
Daneben ist für bestimmte Waren eine Einfuhrlizenz erforderlich, z.B. Arzneimittel, medizinische Geräte, Pflanzenschutz- und Düngemittel oder Chemikalien.
3. Allgemein anwendbare technische Standards und Vorschriften
Nach Art. 5.2 des EVFTA verfolgt das Abkommen auch das Ziel, bilateralen Warenhandel durch die Verhinderung, Ermittlung und Beseitigung unnötiger Handelshemmnisse innerhalb des Geltungsbereichs des TBT-Übereinkommens zu erleichtern und auszubauen sowie die bilaterale Zusammenarbeit zwischen den Vertragsparteien zu fördern. Die EU und Vietnam bauen die Fachkompetenz und die institutionelle Infrastruktur auf dem Gebiet der technischen Handelshemmnisse auf und erweitern sie.
Regierungen führen solche technischen Anforderungen in der Regel im öffentlichen Interesse ein. Zum Beispiel zum Schutz der Gesundheit und Sicherheit des Menschen, von Tieren und Umwelt oder von Verbrauchern. Für den Warenausfuhr nach Vietnam müssen diese technische Anforderungen erfüllt sein:
Vietnam teilt grundsätzlich importierte Waren in zwei Gruppen ein. Zur Warengruppe 1 gehören Güter, die Menschen, Tiere, Pflanzen, Umwelt oder Vermögenswerte nicht schädigen. Im Gegensatz dazu gehören Güter der Warengruppe 2 an, wenn sie für diese Gruppen latent schädlich sein können. Während die Qualitätskontrolle von Waren der Gruppe 1 auf Grundlage der von den Herstellern mitgeteilten geltenden Normen erfolgt, wird sie ihm Rahmen der Warengruppe 2 auf Grundlage der von den zuständigen Behörden festgelegten technischen Anforderungen durchgeführt.
Die Angabe der jeweils geltenden Normen ist für alle eingeführten Waren vorgeschrieben. Zudem sind Hersteller und Importeure verpflichtet, die wesentlichen Merkmale, Warnhinweise und Normencodes auf den Waren selbst, auf (i) der Warenverpackung, (ii) den Warenetiketten oder (iii) den Begleitdokumenten der Produkte oder Waren anzugeben.
Eingeführte Waren der Gruppe 2 werden einer Qualitätskontrolle unterzogen. Dabei werden die Ergebnisse der Konformitätsbewertung, die Warenetiketten, die Konformitätskennzeichen gemäß den Normen und Vorschriften sowie die Begleitdokumente der jeweiligen Waren überprüft. Darüber hinaus werden eingeführte Warenmuster, soweit erforderlich, nach den bekanntgegebenen geltenden Normen und einschlägigen technischen Vorschriften geprüft.
Die technischen Vorschriften für Waren der Gruppe 2 werden von den jeweils zuständigen Regierungsbehörden/Ministerien erlassen. Im Einzelnen:
Produkte und Waren, die in den Zuständigkeitsbereich des Ministeriums für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung fallen, sowie die entsprechenden technischen Normen/Vorschriften und Kontrollmodalitäten sind im Rundschreiben Nr. 14/2018/TT-BNNPTNT aufgeführt.
Produkte und Waren, die in den Zuständigkeitsbereich des Ministeriums für Arbeit, Invaliden und Soziales fallen, sowie die entsprechenden technischen Normen/Vorschriften und Kontrollmodalitäten sind im Rundschreiben Nr. 01/2021/TT-BLDTBXH aufgeführt.
Produkte und Waren, die in den Zuständigkeitsbereich des Ministeriums für öffentliche Sicherheit fallen, sowie die entsprechenden technischen Normen/Vorschriften und Kontrollmodalitäten sind im Rundschreiben Nr. 08/2019/TT-BCA aufgeführt.
Produkte und Waren, die in den Zuständigkeitsbereich des Ministeriums für Industrie und Handel fallen, sind im Rundschreiben Nr. 33/2017/TT-BCT (nur auf Vietnamesisch verfügbar) aufgeführt.
Produkte und Waren, die in den Zuständigkeitsbereich des Ministeriums für Transport fallen, sowie die entsprechenden technischen Normen/Vorschriften und Kontrollmodalitäten sind im Rundschreiben Nr. 41/2018/TT-BGTVT aufgeführt.
Produkte und Waren, die in den Zuständigkeitsbereich des Ministeriums für Information und Kommunikation fallen, sind im Rundschreiben Nr. 01/2021/TT-BTTTT aufgeführt.
Produkte und Waren, die in den Zuständigkeitsbereich des Ministeriums für Wissenschaft und Technologie fallen, sind im Rundschreiben Nr. 01/2009/TT-BKHCN aufgeführt.
Produkte und Waren, die in den Zuständigkeitsbereich des Ministeriums für Kultur, Sport und Tourismus fallen, sind im Rundschreiben Nr. 24/2018/TT-BVHTTDL aufgeführt.
Zum Zwecke des Nachweises der Einhaltung der technischen Standards und technischen Vorschriften ist jeweils eine Konformitätserklärung bei den örtlich zuständigen Behörden zu beantragen.
4. Steuern
Eingeführte Waren können mit einer Mehrwertsteuer sowie einer Sonderverbrauchssteuer belegt werden. Die Mehrwertsteuer liegt dabei bei 5 bis 10 Prozent. Die Sonderverbrauchssteuer beträgt zwischen 7 bis 150 Prozent.
5. Anforderungen an die Kennzeichnung von Waren
Grundsätzlich muss die Kennzeichnung einer Ware folgende Angaben enthalten: die Bezeichnung der Ware, den Namen und die Anschrift der für die Ware verantwortlichen juristischen oder natürlichen Person sowie den Ursprung der Ware. Für eingeführte Waren ist neben dem Originaletikett ein zusätzliches Etikett mit den vorgeschriebenen Informationen in vietnamesischer Sprache erforderlich. Dabei müssen die Angaben auf dem Etikett eine direkte vietnamesische Übersetzung des Originaletiketts sein. Enthält das zu übersetzende Originaletikett der eingeführten Waren nicht alle oben genannten Pflichtangaben, so ist der Importeur verpflichtet, vor oder nach der Zollabfertigung, jedoch vor Inverkehrbringen der Waren, ein zusätzliches Etikett mit den fehlenden Angaben in vietnamesischer Sprache anzubringen.
6. Handelspolitische Schutzmaßnahmen
Vietnam wendet zusätzliche Zölle oder Schutzmaßnahmen auf bzw. Gegen eingeführte Waren an, wenn ein schädigendes Dumping, (ii) eine schädigende Subventionierung vorliegt oder (iii) ein schädigender plötzlicher Anstieg der Einfuhren zu verzeichnen ist. Derzeit erhebt Vietnam weder Antidumping- noch Ausgleichszölle auf aus der EU eingeführte Waren.
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Bei Fragen und für weitere Einzelheiten steht Ihnen Dr. Oliver Massmann unter omassmann@duanemorris.com gerne zur Verfügung. Dr. Oliver Massmann ist Generaldirektor von Duane Morris Vietnam LLC.